Noch einmal: Rüge und Nachprüfungsantrag sind keine Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Bieters

In einem weiteren Urteil hat der Bundesgerichtshof bekräftigt, dass der Schadensersatzanspruch eines zu Unrecht übergangenen Bieters nicht ausgeschlossen ist, wenn der Bieter es unterlassen hat, den Verstoß gegen das Vergaberecht zu rügen oder zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens zu machen. „Noch einmal: Rüge und Nachprüfungsantrag sind keine Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Bieters“ weiterlesen

BGH: Nachprüfungsantrag ist keine Voraussetzung für Schadensersatz

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs befasst sich mit den Voraussetzungen, unter denen ein Bieter, der bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrages rechtswidrig übergangen wurde, Schadensersatz verlangen kann. Die Entscheidung, die auch wegen der Aussagen des Bundesgerichtshofs zu dem Umgang mit den einem Angebot beigefügten Vertragsbedingungen des Bieters lesenswert ist, betraf die Vergabe von Tiefbau- und Straßenarbeiten nach dem Abschnitt 2 der VOB/A. Der Auftraggeber schloss das Angebot des erstplatzierten Bieters u. a. mit der Begründung aus, der Bieter habe seinem Angebot eigene Vertragsbedingungen beigefügt. „BGH: Nachprüfungsantrag ist keine Voraussetzung für Schadensersatz“ weiterlesen

Wer trägt die Kosten, wenn sich der Nachprüfungsantrag erledigt?

Erledigt sich ein Nachprüfungsantrag vor einer Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder auf andere Weise, so trifft die Vergabekammer gemäß § 182 Abs. 3 S. 5 GWB eine Entscheidung über die Kosten der Vergabekammer nach billigem Ermessen. Ebenfalls nach billigem Ermessen wird darüber entschieden, wer in einem solchen Fall die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat. Dies folgt aus § 182 Abs. 4 S. 3 GWB, einer Regelung, die mit der Vergaberechtsreform 2016 neu ins GWB gelangt ist. Der Maßstab für die Verteilung der Kosten der Vergabekammer und der Aufwendungen der Verfahrensbeteiligten ist damit identisch. „Wer trägt die Kosten, wenn sich der Nachprüfungsantrag erledigt?“ weiterlesen

VK Bund: Antragsfrist im Nachprüfungsverfahren ist ernst zu nehmen

§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB bestimmt, daß ein Nachprüfungsantrag innerhalb einer Frist von 15 Kalendertagen nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, anzubringen ist. Die Regelung entspricht inhaltsgleich der Vorgängerregelung in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB in der bis zum Inkrafttreten der Vergaberechtsreform am 18. April 2016 geltenden Fassung. Durch die Vorgabe einer solchen Antragsfrist soll verhindert werden, daß Auftragsinteressenten gleichsam Rügen „sammeln“ und erst im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens, beispielsweise kurz vor dem Zuschlag, einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer stellen und dadurch die Auftragsvergabe verzögern. Statt dessen sollen Auseinandersetzungen über mögliche Rechtsverstöße im Vergabeverfahren frühzeitig durch die Befassung der Vergabekammer beigelegt werden. „VK Bund: Antragsfrist im Nachprüfungsverfahren ist ernst zu nehmen“ weiterlesen

Zur Kostenverteilung im Vergabenachprüfungsverfahren bei der Rücknahme des Nachprüfungsantrags

Nicht zuletzt auf Grund der unklaren gesetzlichen Festlegungen in § 128 GWB wirft die Kostenverteilung im Vergabenachprüfungsverfahren immer wieder Zweifelsfragen auf. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Beschl. v. 8. März 2016, Verg 1/16) gibt Anlaß, sich mit der Kostenverteilung bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags näher zu befassen. Gegenstand der Entscheidung war ein Verfahren über die Vergabe von Leistungen des Projektmanagements nach § 43g EnWG für das Ersatzneubauprojekt einer Hochspannungsleitung, das mit einer Leistungserhöhung von 200 kv auf 380 kv verbunden war. Nachdem der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vor der Vergabekammer erfolgreich war und der Auftraggeber hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt hatte, nahm die Antragstellerin aus nicht bekannten Gründen den Nachprüfungsantrag in der Beschwerdeinstanz zurück. Für die Kostenverteilung gelten in einer solchen Situation folgende Grundsätze: Wer die Kosten für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer zu tragen hat, bestimmt sich nach § 128 Abs. 3 und 4 GWB. Dabei regelt § 128 Abs. 3 GWB die Pflicht zur Tragung der Gebühren und Auslagen der Vergabekammer, während § 128 Abs. 4 GWB die Erstattung der notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten betrifft. Für die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer gilt, daß über diese gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen zu entscheiden ist. Wie das Oberlandesgericht München in Übereinstimmung mit dem vorherrschenden Verständnis dieser Regelung ausführt, entspricht es in der Regel billigem Ermessen, daß der Antragsteller die Gebühren und Auslagen vollständig zu tragen hat, wenn er den Nachprüfungsantrag zurückgenommen hat. Zwar mag man erwägen, ob gemäß §128 Abs. 3 Satz 4 GWB bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags eine Ermessensentscheidung entbehrlich ist, da nach der dortigen Regelung der Antragsteller bei einer Rücknahme des Antrags vor Entscheidung der Vergabekammer die Hälfte der Gebühr zu entrichten „hat“. Doch ist diese Formulierung nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Auslegung (Beschl. v. 25. Januar 2012, X ZB 3/11) so zu verstehen, daß sie nicht die Frage betrifft, wer die Gebühren tragen muß, sondern lediglich eine Regelung über die Höhe der Gebühren trifft. Für eine hiernach vorzunehmende Ermäßigung ist freilich dann kein Raum, wenn der Nachprüfungsantrag wie hier erst in der Beschwerdeinstanz zurückgenommen wird.

Hinsichtlich der den übrigen Verfahrensbeteiligten entstandenen notwendigen Aufwendungen bestimmt § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB, dass diese bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags zwingend vom Antragsteller zu tragen sind. Auf Billigkeitserwägungen kommt es dabei nicht an. Dadurch entsteht eine gewisse Inkongruenz zur Entscheidung über die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer, die gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nach billigem Ermessen zu treffen ist. Dies ist jedoch hinzunehmen (BGH, Beschl. v. 25. Januar 2012, X ZB 3/11). Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts München, daß in dem aktuellen Beschluß Erwägungen dazu anstellt, ob es „angemessen erscheint“, die Aufwendungen der Beigeladenen der Antragstellerin aufzugeben, zumindest mißverständlich. Denn § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB läßt für derartige Überlegungen keinen Raum.

Über die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht schließlich trifft § 128 GWB keine Regelung. Hierfür kann gemäß §§ 120 Abs. 2, 78 GWB auf die zivilprozessualen Grundsätze zurückgegriffen werden, nach denen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grds. der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, wenn er die Klage zurücknimmt. Dazu gehören auch die Aufwendungen der übrigen Beteiligten, wobei man sich hinsichtlich der Kosten eines Beigeladenen zudem an § 101 ZPO orientieren kann.

Im Ergebnis traf die Antragstellerin daher hier die volle Kostenlast für das Nachprüfungsverfahren und die Beschwerdeinstanz.

OLG München, Beschl. v. 8. März 2016, Verg 1/16