Zur Kostenverteilung im Vergabenachprüfungsverfahren bei der Rücknahme des Nachprüfungsantrags

Nicht zuletzt auf Grund der unklaren gesetzlichen Festlegungen in § 128 GWB wirft die Kostenverteilung im Vergabenachprüfungsverfahren immer wieder Zweifelsfragen auf. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Beschl. v. 8. März 2016, Verg 1/16) gibt Anlaß, sich mit der Kostenverteilung bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags näher zu befassen. Gegenstand der Entscheidung war ein Verfahren über die Vergabe von Leistungen des Projektmanagements nach § 43g EnWG für das Ersatzneubauprojekt einer Hochspannungsleitung, das mit einer Leistungserhöhung von 200 kv auf 380 kv verbunden war. Nachdem der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vor der Vergabekammer erfolgreich war und der Auftraggeber hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt hatte, nahm die Antragstellerin aus nicht bekannten Gründen den Nachprüfungsantrag in der Beschwerdeinstanz zurück. Für die Kostenverteilung gelten in einer solchen Situation folgende Grundsätze: Wer die Kosten für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer zu tragen hat, bestimmt sich nach § 128 Abs. 3 und 4 GWB. Dabei regelt § 128 Abs. 3 GWB die Pflicht zur Tragung der Gebühren und Auslagen der Vergabekammer, während § 128 Abs. 4 GWB die Erstattung der notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten betrifft. Für die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer gilt, daß über diese gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen zu entscheiden ist. Wie das Oberlandesgericht München in Übereinstimmung mit dem vorherrschenden Verständnis dieser Regelung ausführt, entspricht es in der Regel billigem Ermessen, daß der Antragsteller die Gebühren und Auslagen vollständig zu tragen hat, wenn er den Nachprüfungsantrag zurückgenommen hat. Zwar mag man erwägen, ob gemäß §128 Abs. 3 Satz 4 GWB bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags eine Ermessensentscheidung entbehrlich ist, da nach der dortigen Regelung der Antragsteller bei einer Rücknahme des Antrags vor Entscheidung der Vergabekammer die Hälfte der Gebühr zu entrichten „hat“. Doch ist diese Formulierung nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Auslegung (Beschl. v. 25. Januar 2012, X ZB 3/11) so zu verstehen, daß sie nicht die Frage betrifft, wer die Gebühren tragen muß, sondern lediglich eine Regelung über die Höhe der Gebühren trifft. Für eine hiernach vorzunehmende Ermäßigung ist freilich dann kein Raum, wenn der Nachprüfungsantrag wie hier erst in der Beschwerdeinstanz zurückgenommen wird.

Hinsichtlich der den übrigen Verfahrensbeteiligten entstandenen notwendigen Aufwendungen bestimmt § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB, dass diese bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags zwingend vom Antragsteller zu tragen sind. Auf Billigkeitserwägungen kommt es dabei nicht an. Dadurch entsteht eine gewisse Inkongruenz zur Entscheidung über die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer, die gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nach billigem Ermessen zu treffen ist. Dies ist jedoch hinzunehmen (BGH, Beschl. v. 25. Januar 2012, X ZB 3/11). Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts München, daß in dem aktuellen Beschluß Erwägungen dazu anstellt, ob es „angemessen erscheint“, die Aufwendungen der Beigeladenen der Antragstellerin aufzugeben, zumindest mißverständlich. Denn § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB läßt für derartige Überlegungen keinen Raum.

Über die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht schließlich trifft § 128 GWB keine Regelung. Hierfür kann gemäß §§ 120 Abs. 2, 78 GWB auf die zivilprozessualen Grundsätze zurückgegriffen werden, nach denen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grds. der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, wenn er die Klage zurücknimmt. Dazu gehören auch die Aufwendungen der übrigen Beteiligten, wobei man sich hinsichtlich der Kosten eines Beigeladenen zudem an § 101 ZPO orientieren kann.

Im Ergebnis traf die Antragstellerin daher hier die volle Kostenlast für das Nachprüfungsverfahren und die Beschwerdeinstanz.

OLG München, Beschl. v. 8. März 2016, Verg 1/16

Abgeordnetenhaus beschließt Verschärfung des Zweckentfremdungsverbots

In seiner Plenarsitzung vom 17. März 2016 hat das Abgeordnetenhaus von Berlin die vom Berliner Senat initiierte Verschärfung des Zweckentfremdungsverbots in der Fassung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr beschlossen. Inhalt der Änderung ist v. a. eine stärkere Einbindung der Anbieter von Diensten i. S. d. Telemediengesetzes bei der Bekämpfung der aus Sicht des Gesetzgebers unerwünschten Zweckentfremdung von Wohnraum.  § 5 Abs. 2 ZwVbG in der jetzt beschlossenen Fassung sieht vor, daß diese zur Erhebung von Daten über zweckentfremdete Wohnungen und deren Inhaber herangezogen werden können, wenn im Einzelfall eine Erhebung der Daten bei den Inhabern selbst nicht möglich ist oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde und schutzwürdige Belange der betroffenen Personen nicht entgegenstehen.  Nach der Begründung des Gesetzentwurfs des Senats (AGH-Drs. 17/2712) zielt dies vor allem auf die Betreiber von Internetportalen ab, auf denen Wohnungen unter Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot als Ferienwohnung angeboten werden. Von dieser Regelung sollen v. a. Anbieter wie Airbnb umfaßt werden, die lediglich eine Plattform bereithalten, auf der Dritte Wohnraum anbieten können. Diese Anbieter sind künftig verpflichtet, unzulässige Angebote von den von ihnen betriebenen Internetseiten unverzüglich zu entfernen (§ 7 Abs. 3 ZwVbG in der jetzt beschlossenen Fassung). Kommen sie dem nicht nach, handeln sie ordnungswidrig und können mit einem Bußgeld belegt werden. Zudem stellt künftig bereits das Anbieten einer zweckentfremdeten Wohnung eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 7 Abs. 2 ZwVbG in jetzt beschlossenen Fassung), die ebenfalls bußgeldbewehrt ist. Hinsichtlich der Schärfe der drohenden Sanktionen ist das Abgeordnetenhaus noch über den Senatsentwurf hinausgegangen und hat den Rahmen des möglichen Bußgelds von vormals bis zu 50.000 EUR auf künftig bis zu 100.000 EUR erhöht.

Die Neuregelung wird am Tag nach ihrer Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft treten.

Beschluß des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 17. März 2016, Beschlußprotokoll 17/78

 

Transparenz bei der Angebotswertung: Konkreter Bewertungsmaßstab erforderlich

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Bestimmung der Kriterien für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots (Beschl. v. 9. April 2014, VII-Verg 36/13; Beschl. v. 21. Oktober 2015, VII-Verg 28/14; Beschl. v. 16. Dezember 2015 , VII-Verg 25/15) erfordert das vergaberechtliche Transparenzgebot (§ 97 Abs. 1 GWB), daß die Bieter im Voraus zuverlässig ermitteln können, auf welche konkreten Leistungsinhalte der Auftraggeber Wert legt und welchen Erfüllungsgrad die Angebote auf der Grundlage konkreter Wertungskriterien aufweisen müssen, um eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Die 2. Vergabekammer des Bundes hat diese Rechtsprechung nun in einer aktuellen Entscheidung aufgegriffen und vertieft (Beschl. v. 1. Februar 2016, VK 2-3/16). Gegenstand war ein Vergabeverfahren, in dem die Vergabestelle beabsichtigte, die Angebotsbewertung in qualitativer Hinsicht anhand einzelner Leistungskriterien vorzunehmen. Diese sollten jeweils mit einem Wert zwischen 0 und 10 Punkten bewertet werden, wobei ein Punktwert von 0 mit der Bewertung „ungenügend“ und ein Punktwert von 10 mit der Bewertung „sehr gut“ korrespondieren sollte. Durch eine Bezugnahme auf die Leistungsbeschreibung wurde zwar teilweise erläutert, welche Untergesichtspunkte in die jeweilige Bewertung einfließen sollten, doch blieb offen, welche Anforderungen ein Angebot erfüllen mußte, um hinsichtlich des jeweiligen Kriteriums die volle Punktzahl zu erreichen. Nach Auffassung der Vergabekammer genügten diese Zuschlagskriterien nicht dem Transparenzerfordernis: Denn es war nicht erkennbar, wie der Auftraggeber die Zuordnung eines konkreten Punktwerts zu einer bestimmten Leistung vornehmen wollte. Hierfür wäre ein konkreter Bewertungsmaßstab erforderlich gewesen, der Anhaltspunkte dafür liefert, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmter Punktwert erlangt werden konnte. Dies hätte die Vergabestelle beispielsweise durch die Definition bestimmter Mindestanforderungen oder durch die Vorgabe eines Optimums einschließlich bestimmter Spannen nach oben oder unten erreichen können. Da dies unterblieben war, untersagte die Vergabekammer dem Auftraggeber den Zuschlag auf der Grundlage der bekanntgemachten Wertungskriterien.

VK Bund, Beschl. v. 1. Februar 2016, VK 2-3/16

 

Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen bleibt auch unterhalb des neuen Schwellenwerts nicht vergaberechtsfrei

Mit der Konzessionsrichtlinie 2014/23/EU und der noch nicht in Kraft getretenen Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) wird die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen künftig erstmals einem eigenen Regelwerk unterliegen. Oberhalb des neuen Schwellenwerts für die Konzessionsvergabe, der bei 5.225.000 EUR liegen wird, werden diese Bestimmungen die bisher lediglich aus dem EU-Primärrecht abzuleitenden Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren (dazu grundlegend EuGH, Urt. v. 7. Dezember 2000, Rs. C-324/98, Telaustria und Telefonadress) konkretisieren. Daß dies allerdings nicht bedeutet, daß unterhalb des Schwellenwerts keine Vorgaben für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen gelten, verdeutlicht das Oberlandesgericht Celle in einem aktuellen Urteil vom 23. Februar 2016 (13 U 148/15). „Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen bleibt auch unterhalb des neuen Schwellenwerts nicht vergaberechtsfrei“ weiterlesen

OLG Düsseldorf: keine Notvergabe von ÖPNV-Verträgen außerhalb der VO (EG) Nr. 1370/2007

Bei der Vergabe von ÖPNV-Verträgen erlaubt Art. 5 Abs. 5 Satz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007  der zuständigen Behörde, im Falle einer Unterbrechung des Verkehrsdienstes oder bei unmittelbarer Gefahr des Eintretens einer solchen Situation einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag als Notmaßnahme direkt zu vergeben. Auf diese Weise soll vermieden werden, daß es dadurch zu Beeinträchtigungen im Verkehrsangebot kommt, daß das notwendige Verfahren zur Vergabe eines entsprechenden Vertrags nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann. Eine Direktvergabe auf dieser Grundlage setzt allerdings voraus, daß es sich bei dem zu vergebenden Vertrag nicht um einen Dienstleistungsauftrag im Sinne des allgemeinen Vergaberechts handelt. Denn in einem solchen Fall finden gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 die allgemeinen Vergaberegeln auf die Auftragsvergabe Anwendung, die eine derartige Direktvergabe nicht erlauben. Anläßlich einer Direktvergabe von Omnibusdienstleistungen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf diese Grundsätze nun erneut klargestellt (Beschl. v. 23. Dezember 2015, VII-Verg 34/15). In dem zu entscheidenden Fall stufte das Gericht den vergebenen Auftrag als Dienstleistungsauftrag ein, der nach den Bestimmungen des GWB und der SektVO zu vergeben ist. Der Auftraggeber hingegen wollte den Vertrag als Dienstleistungskonzession behandelt wissen, was weg vom allgemeinen Vergaberecht und hin zur Anwendung des insoweit großzügigeren Sonderregimes der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 geführt hätte. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte der Auftraggeber in den Vertrag sogar eigens hineingeschrieben, daß der Auftragnehmer das Risiko eines finanziellen Verlustes aus seiner unternehmerischen Tätigkeit tragen solle; hierbei handelt es sich um ein maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen Dienstleistungsaufträgen und Dienstleistungskonzessionen (u. a. BGH, Beschl. v. 8. Februar 2011, X ZB 4/10; s. dazu nunmehr Art. 5 Nr. 1 der Richtlinie 2014/23/EU). Bei genauerem Hinsehen erwies sich dieser vertragliche Programmsatz jedoch als leere Worthülse, denn in Wirklichkeit sahen die vertraglichen Abreden nach den Feststellungen des Gerichts vor, daß der Auftragnehmer zusätzlich zu den Fahrgeldeinnahmen einen Ausgleichsbetrag nebst Kapitalrendite erhalten sollte. Bei einem Rückgang der Einnahmen aus den Fahrkartenverkäufen war sogar ein vollständiger Ausgleich der Mindererlöse vorgesehen. Dies führte zur Einstufung des Vertrages als Dienstleistungsauftrag und damit zur Anwendbarkeit des GWB und der SektVO, die die vom Auftraggeber vorgenommene Direktvergabe nicht erlauben. Auch für einen im allgemeinen Vergaberecht etablierten Ausnahmetatbestand, etwa denjenigen der äußersten Dringlichkeit (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 SektVO), lagen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, da das Ende des vorangehenden Vertrages seit langem absehbar war. Der Auftraggeber hätte daher ohne weiteres rechtzeitig die Neuvergabe in einem vergaberechtskonformen Verfahren einleiten können, so daß der stattdessen verfahrensfrei geschlossene Vertrag vom Gericht für unwirksam erklärt wurde.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23. Dezember 2015, VII-Verg 34/15

Bundesverwaltungsgericht: Keine Klagebefugnis bei angestrebter Umsetzung

Strebt ein Beamter die Zuweisung eines anderen Dienstpostens innerhalb derselben Behörde an, kann er dies in der Regel nicht im Klagewege erreichen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit einer aktuellen Entscheidung klargestellt (Urteil vom 19. November 2015, 2 A 6.13). Ihr lag die Klage eines Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) im Bundesnachrichtendienst zugrunde, der seine Umsetzung auf einen ebenfalls nach A 15 bewerteten Dienstposten an einer Auslandsresidentur des Bundesnachrichtendienstes anstrebte und sich auf eine entsprechende Ausschreibung beworben hatte.   „Bundesverwaltungsgericht: Keine Klagebefugnis bei angestrebter Umsetzung“ weiterlesen

OVG Berlin-Brandenburg zur Baugenehmigungsfreiheit von Photovoltaikanlagen

Nach den Bauordnungen der Länder sind Photovoltaikanlagen unter bestimmten Voraussetzungen von dem Erfordernis einer Baugenehmigung freigestellt. Zumeist ist dies davon abhängig, ob die Solaranlage eigenständig oder lediglich als Teil eines bestehenden Gebäudes errichtet wird. Beispielsweise bestimmt § 55 Abs. 3 Nr. 10 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO), daß Sonnenkollektoren, Solarenergie- und Photovoltaikanlagen, die mit einem Abstand von nicht mehr als 0,20 m an Dach- oder Außenwandflächen angebracht oder mit einer Gesamtfläche von nicht mehr als 10 m2 und einer Bauhöhe von nicht mehr als 0,60 m auf Flachdächern aufgestellt werden, keiner Baugenehmigung bedürfen. Mit einem aktuellen Beschluß vom 16. Februar 2016 (OVG 10 N 22.13) hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Gelegenheit, diese Voraussetzungen näher zu umreißen. Dem Verfahren lag ein Bauvorhaben zugrunde, bei dem der Bauherr die Metallkonstruktion eines ehemaligen und nicht mehr als solchen genutzten Gewächshauses als Unterbau einer neu zu errichtenden großflächigen Photovoltaikanlage nutzen wollte. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus als Vorinstanz, die das Oberverwaltungsgericht im Berufungszulassungsverfahren billigte, kann ein solches Vorhaben nicht von der Privilegierung von Solarenergieanlagen profitieren. Denn § 55 Abs. 3 Nr. 10 BbgBO verlangt, daß es sich bei der Photovoltaikanlage um eine Anlage der technischen Gebäudeausrüstung handelt, die an Dach- oder Außenwandflächen eines bestehenden Angebots angebracht wird und die damit funktional von einem bestehenden Gebäude abhängig ist. Diese Voraussetzungen sah das Oberverwaltungsgericht nicht als gegeben an, da das ehemalige Gewächshaus keinen eigenen baulichen Nutzungszweck mehr hatte, sondern lediglich als Gerüst für die Anbringung der Photovoltaikanlage dienen sollte.

Zu beachten ist freilich, daß diese Maßgaben lediglich die Frage betreffen, ob die Errichtung einer Solaranlage für sich genommen einer Baugenehmigung bedarf. Nichts gesagt ist damit über die materiell-rechtlichen Anforderungen, die die Anlage erfüllen muß. Selbst wenn eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, müssen Photovoltaikanlagen ebenso wie alle sonstigen baulichen Anlagen die im Einzelfall geltenden bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Hinzu kommt, daß die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dem Ziel, Strom gegen Vergütung in das öffentliche Netz einzuspeisen, als gewerbliche Nutzung anzusehen sein kann, die unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsänderung des Grundstücks ihrerseits baugenehmigungspflichtig sein kann.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16. Februar 2016, 10 N 22.13

VG Cottbus ändert seine Rechtsprechung zu Altanschließern

Nach dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Urteile vom 11. Februar 2016, OVG 9 B 43.15 und OVG 9 B 1.16) hat nunmehr auch das Verwaltungsgericht Cottbus mit einem Urteil vom 18. Februar 2016 (6 K 129/13) seine Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Behandlung sogenannter Altanschließer geändert. Ausgangspunkt hierfür ist abermals der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 (1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14), mit dem die Anwendung in § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung in denjenigen Fällen als verfassungswidrig eingestuft wurde, in denen auf der Grundlage der zuvor geltenden Regelung Beiträge nicht mehr hätten erhoben werden können. Das Verwaltungsgericht Cottbus, dessen Entscheidung anders als die aktuellen Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg bereits veröffentlicht wurde, legt nunmehr in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsauffassung § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg verfassungskonform dahingehend aus, daß es für Altanlieger bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 1 KAB Bbg verbleibt. Der Beginn der vierjährigen abgabenrechtlichen Festsetzungsfrist bemißt sich in diesen Fällen nach der alten Rechtslage, nach der die erstmalige Existenz einer Beitragssatzung mit einem formellen Geltungsanspruch maßgeblich war. Bescheide, die nach Ablauf dieser Frist ergangen sind, sind damit wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte sich dabei zudem mit der Frage zu befassen, ob die Ende der 90er Jahre in Brandenburg auf gesetzlicher Grundlage vorgenommene Heilung von Mängeln, die bei der Gründung von Zweckverbänden aufgetreten sind, den maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Festsetzungsfrist nach hinten verschiebt. Mit Verweis auf § 14 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung (ZweckVerbStabG) verneinte dies das Gericht. Für Altanschließer, die gegen entsprechende Beitragsbescheide Widerspruch und ggf. Anfechtungsklage erhoben haben, bleibt es damit bei den guten Aussichten auf ein Obsiegen. In anderen Fällen hingegen verbleiben erhebliche Unsicherheiten.

VG Cottbus, Urt. v. 18. Februar 2016, 6 K 129/13

VK Bund zur Formulierung von Eignungsanforderungen

§ 97 Abs. 4 Satz 1 GWB bestimmt die Anforderungen an die Eignung von Bietern anhand abstrakt gefaßter Eignungsdimensionen. Das Vergaberecht legt es damit weitgehend in die Hände des Auftraggebers, die Kriterien der Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Gesetzestreue für die konkrete Auftragsvergabe zu spezifizieren und festzulegen, welche Eignungsanforderungen im Einzelnen an die Bieter gestellt werden und wie diese nachzuweisen sind. Daß diese eindeutig zu formulieren sind, so daß jeder Bieter weiß, was von ihm verlangt wird, ist schon unter dem Gesichtspunkt des vergaberechtlichen Tranzparenzerfordernisses (§ 97 Abs. 1 GWB) eine Selbstverständlichkeit. Daß dies Auftraggebern dennoch mitunter schwerfallen kann, zeigt der Beschluß der 2. Vergabekammer des Bundes vom 22. Januar 2016 (VK 2-131/15). Nachgefragt wurden Reinigungsleistungen. Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Bieter verlangte der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung Angaben über mindestens drei Referenzaufträgen, deren jeweiliger Gegenstand mit dem Gegenstand des zu vergebenden Auftrags vergleichbar sein mußte. Die Vergleichbarkeit der Referenz sollte dann gegeben sein, wenn die „zu reinigende Fläche“ eine bestimmte Größe erreichte. Auf die Bieterfrage, ob damit die jährliche Reinigungsfläche oder die Grundfläche gemeint sei, antwortete der Auftraggeber, daß sich die Vorgabe auf die „zu reinigende Grundfläche“ beziehe, die im Leistungsverzeichnis beschrieben sei. Das Leistungsverzeichnis bezog in die Ermittlung der zu reinigenden Fläche allerdings auch das Reinigungsintervall ein. Damit blieb offen, ob für die Vergleichbarkeit allein die Fläche des jeweiligen Gebäudes selbst maßgeblich sein sollte und wie diese ggf. zu bestimmen sei oder ob statt dessen die tatsächliche Reinigungsleistung, die aus der Multiplikation der zu reinigenden Fläche mit der Anzahl der jährlichen Reinigungsvorgänge ergibt, herangezogen werden sollte. Auch weitere Antworten des Auftraggebers auf Bieterfragen konnten nicht für die erforderliche Klarheit sorgen, so daß die Vergabekammer dem Auftraggeber die Zurückversetzung des Verfahrens aufgab. Die Entscheidung belegt damit einmal mehr, daß ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren mit der Sorgfalt und Präzision, mit der die für das Verfahren maßgeblichen Festlegungen getroffen werden, steht und fällt.

2. VK Bund, Beschl. v. 22. Januar 2016, VK 2-131/15