Erhöhtes Arbeitsaufkommen ist zureichender Grund für verzögerte Bescheidung eines Widerspruchs

Die Eigentümer eines Grundstücks erhoben gegen einen an sie gerichteten Beitragsbescheid Widerspruch. Der Wasser- und Abwasserzweckverband, der den angefochtenen Beitragsbescheid erlassen hatte, ließ den Widerspruch für einen Zeitraum von über drei Monaten hinweg unbearbeitet. Die Adressaten des Bescheides erhoben daraufhin Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht Potsdam. Nachdem der Wasser- und Abwasserzweckverband den Bescheid während des laufenden Gerichtsverfahrens aufgehoben hatte, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt.

Die Kosten des Verfahrens gab das Gericht allerdings den Klägern auf. Zwar bestimmt § 161 Abs. 3 VwGO, daß dem Beklagten die Kosten des Verfahrens zur Last fallen, wenn der Kläger eine Untätigkeitsklage erhoben hat und vor Klageerhebung mit seiner Bescheidung rechnen durfte. Grundlage hierfür ist die Regelung in § 75 VwGO, wonach eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auch ohne ein abgeschlossenes Widerspruchsverfahren zulässig ist, wenn ohne zureichenden Grund über den Widerspruch bzw. den Antrag nicht in angemessener Frist entschieden wurde (§ 75 Satz 1 VwGO). § 75 Satz 2 VwGO ergänzt dies dahingehend, daß die Klage nicht vor Ablauf einer Frist von drei Monaten seit Erhebung des Widerspruchs angebracht werden kann.

Ein derartiger Fall, in dem ohne zureichenden Grund nicht über den Widerspruch entschieden wurde und der Widerspruchsführer also mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte, lag hier nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts Potsdam allerdings nicht vor. Der beklagte Wasser- und Abwasserzweckverband brachte vor, aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die sogenannten Altanschließer-Fälle (Beschl. v. 12. November 2015, 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14) mit einer Vielzahl von Anträgen auf Aufhebung bestandskräftiger Beitragsbescheide konfrontiert gewesen zu sein. Dadurch sei eine erhebliche Arbeitsüberlastung eingetreten, die es ihm unmöglich gemacht habe, über den Widerspruch innerhalb einer Frist von drei Monaten zu entscheiden. Das Gericht hielt diese Argumente für hinreichend: In der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, daß eine vorübergehende außergewöhnliche Belastung einen zureichenden Grund dafür darstellen kann, daß sich die Bescheidung eines Widerspruchs verzögert. Das Begehren der Kläger hatte daher keinen Erfolg.

VG Potsdam, Beschl. v. 26. September 2016, 8 K 1271/16

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