OLG Celle: Preisbewertungsformel muss nicht veröffentlicht werden

Eine aktuelle Entscheidung des OLG Celle befasst sich mit der Frage, welche Angaben der öffentliche Auftraggeber hinsichtlich der Bewertung der Angebote machen muss. Gegenstand der Entscheidung war ein Vergabeverfahren über die Beschaffung von Fahrkartenautomaten. Das Verfahren wurde als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach den Bestimmungen der SektVO durchgeführt. In den Vergabeunterlagen gab der Auftraggeber u. a. an, dass das wirtschaftlichste Angebot anhand des Verhältnisses von Preis und Leistung bestimmt werden sollte. Zu der Bewertung der Leistung enthielten die Vergabeunterlagen verschiedene Angaben, wie die einzureichenden Konzepte bewertet werden sollten. Eine Formel zur Preisbewertung, d. h. der Umrechnung des angebotenen Preises in Wertungspunkte, enthielten die Vergabeunterlagen hingegen nicht.

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VK Bund: Weiterhin hohe Transparenzanforderungen an die Angebotswertung

Auch nachdem der BGH die „Schulnoten-Rechtsprechung“ des OLG Düsseldorf verworfen hat (Beschl. v. 4. April 2017, X ZB 3/17), bleiben die Anforderungen an die Transparenz bei der Angebotswertung hoch. Das verdeutlicht der Beschluß der 2. Vergabekammer des Bundes vom 31. Juli 2017, der die Vergabe eines Bauauftrags über sogenannte Wasserinjektionleistungen betraf. Neben Beanstandungen, die die Bildung einer Bietergemeinschaft durch die Beigeladene und die Frage einer möglichen Mischkalkulation betrafen, beanstandete die Antragstellerin u. a., daß die Auftraggeberin der Angebotswertung Kriterien zugrunde gelegt habe, die nicht in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen offengelegt worden seien. „VK Bund: Weiterhin hohe Transparenzanforderungen an die Angebotswertung“ weiterlesen

BGH verwirft „Schulnoten-Rechtsprechung“

Die seit einiger Zeit lebhaft geführte Diskussion um die vergaberechtlichen Anforderungen an die Transparenz der Zuschlagskriterien hat mit einem aktuellen Beschluß des Bundesgerichtshofs ihr vorläufiges Ende gefunden. Den Ausgangspunkt der Debatte bildeten mehrere Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf (u. a. Beschl. v. 16. Dezember 2015, VII-Verg 25/15), die verkürzt häufig als „Schulnoten-Rechtsprechung“ bezeichnet werden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte darin entschieden, daß die Bewertung der Qualität eines Angebots allein anhand von Schulnoten, die im vorhinein keinen Schluß darauf zulassen, welchen Erfüllungsgrad oder Zielerreichungsgrad die Angebote hinsichtlich einzelner Qualitätskriterien aufweisen müssen, intransparent sei. Eine solche Bewertungsmethode erlaube es dem Bieter nicht, bei der Angebotslegung zu erkennen, unter welchen Voraussetzungen sein Angebot mit einer bestimmten Note oder einer bestimmten Punktzahl bewertet wird. „BGH verwirft „Schulnoten-Rechtsprechung““ weiterlesen

OLG Brandenburg: Formel für Umrechnung des Preises in Wertungspunkte muß bekanntgemacht werden

Eine Auftraggeberin schrieb die Beschaffung von Beatmungsgeräten im offenen Verfahren aus. In den Vergabeunterlagen gab sie hinsichtlich der Zuschlagskriterien u. a. an, dass Preis und Leistung im Verhältnis von 40 % zu 60 % gewichtet werden sollen. Wie der Preis in Wertungspunkte umgerechnet werden sollte, war den Vergabeunterlagen allerdings nicht zu entnehmen. Eine Bieterin, deren Angebot auf dem zweiten Platz lag, beanstandete die vorgesehene Zuschlagserteilung auf das Angebot eines Konkurrenten als vergaberechtswidrig und machte u. a. geltend, daß die Angaben zu den Zuschlagskriterien nicht transparent seien. „OLG Brandenburg: Formel für Umrechnung des Preises in Wertungspunkte muß bekanntgemacht werden“ weiterlesen

LG Köln zu den Transparenzanforderungen bei der Vergabe von Wasserkonzessionen

Die Gemeinde Übach-Palenberg beabsichtigte die Neuvergabe einer Konzession zur Versorgung des Gemeindegebiets mit Trinkwasser. Nachdem eine ursprünglich beabsichtigte In-house-Vergabe gescheitert war, initiierte die Gemeinde ein öffentliches Interessenbekundungsverfahren, an dem sich alle an der Konzession interessierten Unternehmen beteiligen konnten. Als Zuschlagskriterium gab die Gemeinde u. a. die Trinkwasserqualität vor. „LG Köln zu den Transparenzanforderungen bei der Vergabe von Wasserkonzessionen“ weiterlesen

Transparenz bei der Angebotswertung: Konkreter Bewertungsmaßstab erforderlich

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Bestimmung der Kriterien für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots (Beschl. v. 9. April 2014, VII-Verg 36/13; Beschl. v. 21. Oktober 2015, VII-Verg 28/14; Beschl. v. 16. Dezember 2015 , VII-Verg 25/15) erfordert das vergaberechtliche Transparenzgebot (§ 97 Abs. 1 GWB), daß die Bieter im Voraus zuverlässig ermitteln können, auf welche konkreten Leistungsinhalte der Auftraggeber Wert legt und welchen Erfüllungsgrad die Angebote auf der Grundlage konkreter Wertungskriterien aufweisen müssen, um eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Die 2. Vergabekammer des Bundes hat diese Rechtsprechung nun in einer aktuellen Entscheidung aufgegriffen und vertieft (Beschl. v. 1. Februar 2016, VK 2-3/16). Gegenstand war ein Vergabeverfahren, in dem die Vergabestelle beabsichtigte, die Angebotsbewertung in qualitativer Hinsicht anhand einzelner Leistungskriterien vorzunehmen. Diese sollten jeweils mit einem Wert zwischen 0 und 10 Punkten bewertet werden, wobei ein Punktwert von 0 mit der Bewertung „ungenügend“ und ein Punktwert von 10 mit der Bewertung „sehr gut“ korrespondieren sollte. Durch eine Bezugnahme auf die Leistungsbeschreibung wurde zwar teilweise erläutert, welche Untergesichtspunkte in die jeweilige Bewertung einfließen sollten, doch blieb offen, welche Anforderungen ein Angebot erfüllen mußte, um hinsichtlich des jeweiligen Kriteriums die volle Punktzahl zu erreichen. Nach Auffassung der Vergabekammer genügten diese Zuschlagskriterien nicht dem Transparenzerfordernis: Denn es war nicht erkennbar, wie der Auftraggeber die Zuordnung eines konkreten Punktwerts zu einer bestimmten Leistung vornehmen wollte. Hierfür wäre ein konkreter Bewertungsmaßstab erforderlich gewesen, der Anhaltspunkte dafür liefert, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmter Punktwert erlangt werden konnte. Dies hätte die Vergabestelle beispielsweise durch die Definition bestimmter Mindestanforderungen oder durch die Vorgabe eines Optimums einschließlich bestimmter Spannen nach oben oder unten erreichen können. Da dies unterblieben war, untersagte die Vergabekammer dem Auftraggeber den Zuschlag auf der Grundlage der bekanntgemachten Wertungskriterien.

VK Bund, Beschl. v. 1. Februar 2016, VK 2-3/16

 

Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen bleibt auch unterhalb des neuen Schwellenwerts nicht vergaberechtsfrei

Mit der Konzessionsrichtlinie 2014/23/EU und der noch nicht in Kraft getretenen Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) wird die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen künftig erstmals einem eigenen Regelwerk unterliegen. Oberhalb des neuen Schwellenwerts für die Konzessionsvergabe, der bei 5.225.000 EUR liegen wird, werden diese Bestimmungen die bisher lediglich aus dem EU-Primärrecht abzuleitenden Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren (dazu grundlegend EuGH, Urt. v. 7. Dezember 2000, Rs. C-324/98, Telaustria und Telefonadress) konkretisieren. Daß dies allerdings nicht bedeutet, daß unterhalb des Schwellenwerts keine Vorgaben für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen gelten, verdeutlicht das Oberlandesgericht Celle in einem aktuellen Urteil vom 23. Februar 2016 (13 U 148/15). „Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen bleibt auch unterhalb des neuen Schwellenwerts nicht vergaberechtsfrei“ weiterlesen

VG Wiesbaden: Rechtliche Bedenken gegen das Verfahren zur Vergabe von Sportwettenkonzessionen

In dem Dauerstreit um die Vergabe von Sportwettenkonzessionen hat das Verwaltungsgericht ‎Wiesbaden mit mehreren Eilbeschlüssen vom 16. April 2015 und vom 5. Mai 2015 die beabsichtigte Konzessionsvergabe ‎vorläufig gestoppt. Grundlage des Vergabeverfahrens ist die sogenannte Experimentierklausel in § ‎‎10a des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV), nach der befristet für einen Zeitraum von sieben ‎Jahren ab dem 1. Juli 2012 bis zu 20 Sportwettenkonzessionen an private Anbieter vergeben ‎werden können. Das staatliche Glücksspielmonopol (§ 10 GlüStV) wird insoweit gelockert, um eine ‎bessere Erreichung der Ziele des Glückspielstaatsvertrages zu erproben (§ 10a Abs. 1 GlüStV). Seit ‎Beginn des Vergabeverfahrens hatten sich bereits mehrere Verwaltungsgerichte mit ‎verschiedenen Beanstandungen der an einer Konzession interessierten Bewerber auseinandergesetzt (u. a. VG ‎Wiesbaden, Beschl. v. 13. September 2012, 5 L 1081/12 WI; VG Berlin, Urt. v. 23. Mai 2014, 23 K ‎‎512.12; VG München, Beschl. v. 18.03.2015, Az.: M 16 E 14.4518). Mit den jetzt ergangenen ‎Eilbeschlüssen hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden dem für die Konzessionsvergabe ‎bundesweit zuständigen Land Hessen im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig  die ‎Konzessionserteilung untersagt. Das Gericht beanstandet insbesondere die mangelnde ‎Transparenz des Vergabeverfahrens, in dem weder die an die Angebote gestellten ‎Mindestanforderungen noch die Bewertungsmatrix hinreichend bekannt gemacht worden seien. ‎Zudem sei der Ablauf des Verfahrens selbst nicht mit der gebotenen Transparenz und Eindeutigkeit ‎vorab festgelegt worden, so dass den Bewerbern nicht klar sei, bis wann welche Nachweise ‎beigebracht werden mussten und innerhalb welches Zeitraums mit einer Konzessionserteilung zu ‎rechnen sei. Hinzu trete, daß die Entscheidungsfindung im sogenannten Glücksspielkollegium, ‎einem länderübergreifenden Ausschuß (§ 9a Abs. 5 bis 8 GlüStV), insbesondere mangels ‎hinreichender Begründung fehlerhaft sei; zudem könne ein einzelnes Land wohl nicht an die ‎Entscheidungen eines länderübergreifenden Gremiums gebunden werden, das seine Beschlüsse ‎auch gegen den Willen des betroffenen Landes fassen könne. Auch konzeptionelle Mängel des ‎Verfahrens beanstandete das Gericht.‎

Die Eilbeschlüsse des Verwaltungsgerichts sind insbesondere unter dem Blickwinkel der ‎Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren im vergaberechtlich nicht geregelten ‎Bereich aufschlußreich. Die Vergabe von Glücksspielkonzessionen unterfällt nicht dem ‎Kartellvergaberecht. Die rechtlichen Anforderungen an das Vergabeverfahren ergeben sich vielmehr im ‎wesentlichen aus dem Glücksspielstaatsvertrag, der die zuständige Behörde zur Durchführung ‎eines transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens verpflichtet (§ 4b Abs. 1 Satz 1 ‎GlüStV). Hinzu treten der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die ‎Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV (dazu grundlegend EuGH, Urt. v. 6. November 2003, Rs. C-‎‎243/01, Gambelli). Trotz dieses unterschiedlichen Rechtsrahmens gleichen sich jedoch die ‎inhaltlichen Anforderungen eines verwaltungsrechtlich geprägten Auswahlverfahrens (dazu auch ‎Hess. VGH, Beschl. v. 23. Juli 2012, 8 B 2244/11) und eines Vergabeverfahrens im eigentlichen Sinne ‎in vielem. Namentlich die Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung können ‎letztlich verfahrensartübergreifend konkretisiert werden, so daß es naheliegt, in ‎Verwaltungsverfahren der hiesigen Art auf vergaberechtliche Erkenntnisse zurückzugreifen. ‎Weitere Rechtsprechung insbesondere der Beschwerdeinstanz bleibt abzuwarten.‎

VG Wiesbaden, Beschl. v. 16. April 2015, 5 L 1558/14.WI; Beschl. v. 5. Mai 2015, 5 L 1453/14.WI.