VG Berlin: nur geringe Bedeutung der GFZ-Überschreitung für die Funktionslosigkeit des Baunutzungsplans

Die Diskussion um die Funktionslosigkeit der Festsetzungen des Baunutzungsplans für Berlin hat mit einer neuen Entscheidung der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin eine neue Wendung genommen.

Im Streit stand die Erteilung eines Vorbescheides für den Ausbau eines Dachgeschosses in einem Altbau in der Luisenstadt in Berlin-Kreuzberg. Das Bezirksamt versagte den Vorbescheid u. a. mit der Begründung, die Geschossflächenzahl (GFZ) des Baunutzungsplans werde durch das Gebäude bereits überschritten, und die Überschreitung werde durch den geplanten Dachgeschossausbau noch erhöht. Mit seiner Klage machte der Kläger v. a. geltend, die Festsetzung der GFZ für den hier betroffenen Häuserblock sei wegen einer massiven Überschreitung der GFZ durch weitere Gebäude in der Nachbarschaft funktionslos geworden und damit nicht mehr zu beachten.

Die Klage blieb erfolglos. Trotz der erheblichen GFZ-Überschreitungen in der Umgebung erkannte das Verwaltungsgericht keine Verfestigung einer baulichen Entwicklung, die in dauerhaftem Widerspruch zu den Festsetzungen des Baunutzungsplans stehe. Unter Heranziehung u. a. von Gesetzgebungsmaterialien gelangte das Verwaltungsgericht zu dem Schluss, dass die GFZ nach der Vorstellung des Plangebers des Baunutzungsplans lediglich eine Hilfsgröße darstelle, die für die Grundstücksausnutzung weniger maßgeblich sei als die Grundflächenzahl (GRZ) und die Anzahl der zulässigen Vollgeschosse. Daraus folge, dass genehmigte Dachgeschossausbauten, die die GFZ überschritten, allerdings die GRZ und die Anzahl der Vollgeschosse eines Gebäudes unverändert ließen, noch nicht zu einer Funktionslosigkeit der festgesetzten GFZ führen könnten. Da sich die GFZ bereits aus der GRZ und der Anzahl der Vollgeschosse berechnen lasse, sei sie lediglich eine Hilfsgröße für das zulässige Maß der Grundstücksnutzung. Dem Plangeber sei es bei Festsetzung einer GFZ für die eng bebauten Stadtviertel der Gründerzeit weniger um eine Verringerung der Geschossanzahl an sich als vielmehr um eine Auflockerung der Grundstücksverhältnisse durch Herausnahme von Seitenflügeln und Quergebäuden in den Hinterhöfen mit einer entsprechenden Verringerung der GRZ gegangen. Einzelne Überschreitungen der GFZ bei einer Ausnutzung von Wohnraum in Nebengeschossen habe der Plangeber hingenommen, so dass diese nicht zu einer Funktionslosigkeit der planerischen Festsetzung führen könnten.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet neue Hürden für bauwillige Grundstückseigentümer, die unter Berufung auf die Funktionslosigkeit des Baunutzungsplans den vorhandenen Gebäudebestand durch den Ausbau von Dachgeschossen stärker ausnutzen wollen. Aus rechtlicher Sicht wirft sie insbesondere die Frage nach dem Zweck der Festsetzung einer GFZ auf, der das Verwaltungsgericht einerseits eine verringerte Bedeutung in den Augen des Plangebers, andererseits aber eine unbedingte Geltung als Maßstab für die Zulässigkeit von Bauvorhaben zuschreibt. Die Berufung wurde zugelassen.

VG Berlin, Urt. v. 28. Juni 2018, 13 K 315.15

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