BGH zur Änderung der anerkannten Regeln der Technik während der Vertragsausführung

In einer aktuellen Entscheidung klärt der Bundesgerichtshof die Folgen, die sich aus einer Änderung der anerkannten Regeln der Technik während der Ausführung eines VOB/B-Vertrages ergeben. Dem Verfahren lag ein Werkvertrag über die Errichtung dreier Hallen zugrunde, für den die Parteien die Geltung der VOB/B 2006 vereinbart hatten. In der Leistungsbeschreibung gab der Auftraggeber für die Hallen eine Schneelast von 80 kg/m² an. Das entsprach der damaligen DIN 1055-5 (1975) und der Baugenehmigung. Noch vor Fertigstellung der Hallen wurde die DIN 1055-5 allerdings durch die Ausgabe 2005 ersetzt, die nunmehr für den betroffenen Ort eine Schneelast von 139 kg/m² vorsah. Nachdem sich die Dachkonstruktion der Hallen bereits durchgebogen hatte, verlangte der Auftraggeber von dem Unternehmer nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens einen Vorschuß für die Mängelbeseitigung.

Nachdem die Klage des Auftraggebers vor dem LG Hechingen zunächst in vollem Umfang Erfolg hatte, wurde sie in der Berufungsinstanz vom OLG Stuttgart teilweise abgewiesen. Die Revision zum BGH führte zur Aufhebung des zu Lasten des Unternehmers ergangenen Teils des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Auszugehen ist nach der Entscheidung des BGH von § 13 Nr. 1 VOB/B 2006 (§ 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2009). Hiernach schuldet der Werkunternehmer eine Leistung, die die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Abnahme, so daß diejenigen anerkannten Regeln der Technik heranzuziehen sind, die zum Zeitpunkt der Abnahme gelten. Ändern sich zwischen Vertragsschluß und Abnahme die anerkannten Regeln der Technik, so hat der Auftragnehmer nach der jetzigen Entscheidung des BGH den Auftraggeber über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen zu unterrichten. Der Auftraggeber kann dann die Einhaltung der neuen anerkannten Regeln der Technik verlangen, was aber i. d. R. zu einer Vergütungsanpassung nach § 1 Nr. 3 oder 4, § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B 2006 (§ 1 Abs. 3 oder 4, § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B 2009) führt. Macht der Auftraggeber von dieser Möglichkeit hingegen keinen Gebrauch, schuldet der Unternehmer nur die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik nach dem ursprünglichen Stand und kann dementsprechend auch keine Mehrvergütung beanspruchen. Daneben bleibt es den Vertragsparteien selbstverständlich unbenommen, von Anfang an eine Vereinbarung zu treffen, nach der die Bauausführung hinter den aktuellen oder künftigen anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben soll. Nach der gefestigten Auffassung des BGH setzt dies allerdings regelmäßig einen entsprechenden Risikohinweis des Unternehmers voraus.

Da im konkreten Fall noch keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen worden waren, was die Parteien tatsächlich vereinbart hatten, wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

BGH, Urt. v. 14. November 2017, VII ZR 65/14

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