Ist das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung vergaberechtlich zulässig?

Eine kürzlich veröffentliche Entscheidung der 1. Vergabekammer des Bundes betrifft die vergaberechtliche Zulässigkeit von Vertragsbestimmungen, die eine Verpflichtung des Auftragnehmers zur Sicherheitsleistung vorsehen. Das Vergabeverfahren hatte die Beschaffung von Krankenfahrstühlen (Standard- und Elektrorollstühle) zum Gegenstand. Der vom Auftraggeber ausgeschriebene Vertrag enthielt u. a. eine Bestimmung, nach der der Auftragnehmer eine Pauschalzahlung im voraus, d. h. vor Ende des jeweiligen Versorgungszeitraums, verlangen konnte. Im Gegenzug sollte sich der Auftragnehmer verpflichten, Sicherheit in Form einer Bürgschaft zu leisten. Die Höhe der Sicherheit sollte 50 v. H. des Gesamtpreises für ein Jahr betragen. Ein Bieter beanstandete dies mit der Begründung, daß die Höhe der Vorauszahlungsbürgschaft unangemessen hoch sei.

Der Nachprüfungsantrag des Bieters blieb erfolglos. Nach der Auffassung der 1. Vergabekammer des Bundes ist die vom Auftraggeber vorgegebene Klausel nicht zu beanstanden. Zwar begrenzte nach der früheren Rechtslage § 11 Abs. 4 VOL/A-EG die Zulässigkeit von Sicherheitsabreden aus vergaberechtlicher Sicht. Hiernach sollte der Auftraggeber auf Sicherheiten regelmäßig verzichten, wenn sie nicht ausnahmsweise für die sach- und fristgemäße Durchführung der verlangten Leistung notwendig erschienen. Die Höhe einer Sicherheit für die Vertragserfüllung sollte 5 v. H. der Auftragssumme nicht überschreiten. Eine vergleichbare Regelung enthält das reformierte Vergaberecht, insbesondere die VgV, jedoch nicht mehr. Die Vergabekammer gelangte daher zu dem Schluß, daß vertragliche Regeln, die eine Verpflichtung des Auftragnehmers zur Sicherheitsleistung vorsehen, vergaberechtlich grundsätzlich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unbedenklich sind.

Eine Einschränkung der Verwendung derartiger Vertragsklauseln kann sich aus vergaberechtlicher Sicht dennoch unter dem Gesichtspunkt des ungeschriebenen Kriteriums der Zumutbarkeit, dem ehemaligen Verbot der Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse, ergeben. Auch insoweit gab es aber nach der Einschätzung der Vergabekammer nichts zu beanstanden, da die Höhe der Sicherheit vertraglich genau bestimmt war und daher jeder Bieter ohne Schwierigkeiten kalkulieren konnte, in welcher Höhe er im Zuschlagsfalle Sicherheit zu leisten hätte. Besondere Kalkulationsrisiken, die die Klausel hätten unzumutbar machen können, konnte die Vergabekammer daher nicht feststellen.

Da auch die übrigen Beanstandungen des Bieters nicht durchdrangen, wurde der Nachprüfungsantrag insgesamt zurückgewiesen.

VK Bund, Beschl. v. 4. Oktober 2017, VK 1-99/17

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