Eine Entscheidung des Kammergerichts gibt lehrreiche Hinweise zum Ausschluß von Bietern wegen früherer Schlechtleistungen. Dem Beschluß lag das Vergabeverfahren eines Berliner Bezirks zur Vergabe von Leistungen der Schülerbeförderung zugrunde. Das Bezirksamt schloß einen Bieter aus dem Verfahren aus, da es in der Vergangenheit zu Beanstandungen hinsichtlich der Leistungserbringung durch dieses Unternehmen gekommen sei. Der Nachprüfungsantrag des Bieters vor der Vergabekammer Berlin blieb erfolglos. Das Kammergericht gab hingegen der sofortigen Beschwerde statt und verpflichtete das Land, den Ausschluß rückgängig zu machen und das Angebot des Bieters in der Wertung zu belassen.
Da das Vergabeverfahren bereits im Jahre 2015 begonnen worden war, war der Ausschluß des Bieters nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Vergaberechtsreform 2014/2016 zu beurteilen. Auch wenn nach der alten Rechtslage eine ausdrückliche Regelung, wie sie nunmehr in § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB enthalten ist, fehlte, war allgemein anerkannt, daß Schlechtleistungen bei früheren öffentlichen Aufträgen zu einem Ausschluß eines Bieters führen können. Rechtlicher Anknüpfungspunkt war das Eignungsmerkmal der Zuverlässigkeit (§ 97 Abs. 4 GWB a. F., § 19 EG Abs. 5 VOL/A a. F.). An der Zuverlässigkeit konnte es fehlen, wenn ein Bieter auf Grund früherer mangelhafter Leistungen nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung in der Zukunft bot. Nach alter wie nach neuer Rechtslage setzt ein Ausschluß allerdings mindestens eine Fehlleistung von einigem Gewicht (§ 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB: „erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt“) voraus. Zudem muß der Auftraggeber den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum in ordnungsgemäßer Weise ausfüllen. Im hier entschiedenen Fall fehlte es an diesen Voraussetzungen in mehrfacher Hinsicht:
Das Bezirksamt hatte bereits nicht hinreichend aufgeklärt, ob es sich bei den dem Bieter zur Last gelegten Verstößen tatsächlich um Verstöße handelte, die im Vergleich zu den Leistungen anderer Auftragnehmer ungewöhnlich schwerwiegend waren. Eine solche Prüfung mußte sich aber aufdrängen, da es sich bei den Verstößen nach der Einschätzung des Gerichts vielfach eher um Bagatellen handelte und zudem in mehreren Fällen nicht einmal dargelegt war, daß die als defizitär beanstandeten Leistungen überhaupt geschuldet waren. Zudem hatte das Bezirksamt nach der Auffassung des Gerichts die Ausschlußentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen, da mehrere andere Bezirksämter positive Erfahrungen mit dem Bieter gemacht hatten, die im Rahmen der Ausschlußentscheidung aber nicht gewürdigt worden waren. Das Bezirksamt hatte schon nicht einmal Erkundigungen darüber angestellt, welchen Erkenntnisse in den übrigen Bezirken über den Bieter vorlagen. Da Auftraggeber aber das Land Berlin und nicht etwa ein (insoweit nicht rechtsfähiger) einzelner Bezirk werden sollte, hätte das Bezirksamt berlinweit abfragen müssen, wie die Leistungen des Bieters eingeschätzt wurden. Hinzu kam noch, daß das Bezirksamt lediglich Erfahrungen aus einem begrenzten Zeitraum von drei Jahren für seine Entscheidung heranzog, ohne gleichzeitig zu berücksichtigen, daß der Bieter vor und nach diesem Zeitraum offenbar unbeanstandet gearbeitet hattee.
Auch wenn die Entscheidung noch zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Vergaberechtsreform 2014/2016 erging, können die Erwägungen im wesentlichen auf die aktuelle Rechtslage übertragen werden. Die Entscheidung verdeutlicht anschaulich, daß ein mangelhaft arbeitender Bieter nur nach sorgfältiger Auswertung aller maßgeblicher Gesichtspunkte ausgeschlossen werden darf. Das reformierte Vergaberecht geht in § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB zudem in einem wichtigen Punkt über die früheren Anforderungen an einen Ausschluß hinaus; nunmehr ist zusätzlich zu einem hinreichend gewichtigen Verstoß erforderlich, daß der Verstoß zu einer Kündigung, zu einem Schadensersatzanspruch des Auftraggebers oder zu einer ähnlichen Folge geführt hat.