Seminar: Vergaberecht für Bieter

Dr. Sebastian Conrad referiert bei einem Seminar des Vergabeportals Vergabe24 zu Fragen des Vergaberechts für Bieter. Das Seminar, das als Webinar durchgeführt wird, vermittelt kurz und prägnant die Grundlagen des Vergaberechts und der Teilnahme an Vergabeverfahren. Es richtet sich an Unternehmen, die sich rechtssicher um öffentliche Aufträge bewerben und verstehen wollen, wie öffentliche Aufträge vergeben werden. Das Seminar findet am 8. Februar 2023 von 10 Uhr bis 12 Uhr statt. Weitere Informationen hier.

 

 

EuGH: Vorliegen ungewöhnlich niedriger Angebote ist immer zu prüfen

Eine aktuelle Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) befasst sich mit den Anforderungen an die Behandlung ungewöhnlich niedriger Angebote. Das Urteil betrifft ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV, dem ein in Bulgarien durchgeführtes Verfahren zur Vergabe eines Auftrags zur Beschaffung eines Systems zur Ausstellung von Ausweisdokumenten zugrunde lag. Das Verfahren wurde auf de Grundlage der Richtlinie 2009/81/EG führt. In dem Verfahren wurden zwei Angebote abgegeben. Der Bieter, der nach der Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers nicht zum Zuge kommen sollte, reichte einen Rechtsbehelf bei der zuständigen Wettbewerbsbehörde ein. Nach Zurückweisung des Rechtsbehelfs und Einlegung einer Beschwerde beim Obersten Verwaltungsgericht Bulgariens rief dieses den EuGH an. In seinem Vorabentscheidungsersuchen bezog sich das Gericht auf das anzuwendende innerstaatliche Recht, nach dem eine Prüfung ungewöhnlich niedriger Angebote immer dann vorzunehmen ist, wenn der Angebotspreis des erstplatzierten Angebots mehr als 20 % günstiger ist als der Mittelwert der übrigen Angebote. Dies setzt die Existenz mindestens dreier Angebote voraus. Das vorlegende Gericht wollte daher vom EuGH sinngemäß wissen, ob der öffentliche Auftraggeber stets das Vorliegen ungewöhnlich niedriger Angebote prüfen müsse und dies auch dann gelte, wenn nur zwei Angebote eingegangen seien. Auch bat das vorlegende Gericht um Klärung, ob die Beurteilung des öffentlichen Auftraggebers hinsichtlich des Vorliegens eines ungewöhnlich niedrigen Angebots der gerichtlichen Überprüfung im Nachprüfungsverfahren unterliege. „EuGH: Vorliegen ungewöhnlich niedriger Angebote ist immer zu prüfen“ weiterlesen

OLG Frankfurt a. M: Wie bestimmt sich der Auftragswert bei der Neuvergabe eines gekündigten Vertragsteils?

Eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. befasst sich mit der Frage, wie Teilleistungen eines Vertrages nach einer Kündigung vergeben werden können.

Der öffentliche Auftraggeber vergab Bauleistungen für elf Aufzüge in einem neu zu errichtenden städtischen Krankenhausgebäude. Nach dem Einbau zweier Aufzüge kündigte der Auftraggeber den Vertrag mit dem bisherigen Auftragnehmer außerordentlich auf Grund behaupteter Mängel an den Aufzügen und weiterer Vertragsverletzungen des Auftragnehmers. Der Auftraggeber beauftragte daraufhin nach einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, an dem er sechs von ihm ausgewählte Unternehmen beteiligte, ein anderes Unternehmen mit dem Einbau der verbleibenden neun Aufzüge. Der Auftragnehmer des ursprünglichen Vertrages stellte einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer und beantragte die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages mit dem neuen Auftragnehmer. „OLG Frankfurt a. M: Wie bestimmt sich der Auftragswert bei der Neuvergabe eines gekündigten Vertragsteils?“ weiterlesen

OLG Celle: Preisbewertungsformel muss nicht veröffentlicht werden

Eine aktuelle Entscheidung des OLG Celle befasst sich mit der Frage, welche Angaben der öffentliche Auftraggeber hinsichtlich der Bewertung der Angebote machen muss. Gegenstand der Entscheidung war ein Vergabeverfahren über die Beschaffung von Fahrkartenautomaten. Das Verfahren wurde als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach den Bestimmungen der SektVO durchgeführt. In den Vergabeunterlagen gab der Auftraggeber u. a. an, dass das wirtschaftlichste Angebot anhand des Verhältnisses von Preis und Leistung bestimmt werden sollte. Zu der Bewertung der Leistung enthielten die Vergabeunterlagen verschiedene Angaben, wie die einzureichenden Konzepte bewertet werden sollten. Eine Formel zur Preisbewertung, d. h. der Umrechnung des angebotenen Preises in Wertungspunkte, enthielten die Vergabeunterlagen hingegen nicht.

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Wettbewerbsregister: Abfragepflicht für öffentliche Auftraggeber ab Juni 2022

Ab dem 1. Juni 2022 sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, ab Erreichen bestimmter Auftragswerte vor der Erteilung des Zuschlags eine Abfrage im Wettbewerbsregister über den vorgesehenen Zuschlagsempfänger vorzunehmen. Grundlage für die Abfragepflicht ist die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 18. Oktober 2021 (Banz AT v. 29. Oktober 2021, B3, S. 1), mit der festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die elektronische Datenübermittlung an das Wettbewerbsregister erfüllt sind. Als Folge daraus sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten Abfragen gemäß § 6 Abs. 1 Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) vorzunehmen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 WRegG). Mithin besteht ab dem 1. Juni 2022 eine allgemeine Abfragepflicht für öffentliche Auftraggeber. „Wettbewerbsregister: Abfragepflicht für öffentliche Auftraggeber ab Juni 2022“ weiterlesen

Kammergericht: geschwärzte Informationen aus Schriftsätzen dürfen im Nachprüfungsverfahren nicht verwertet werden

Das Kammergericht hat sich in einer aktuellen Beschwerdeentscheidung mit der Verwertung geschwärzter Unterlagen im Nachprüfungsverfahren befasst. Die Entscheidung betraf ein Nachprüfungsverfahren, in dem die Antragstellerin und die Beigeladene Teile ihrer Schriftsätze geschwärzt hatten, damit diese den übrigen Verfahrensbeteiligten nicht vorgelegt würden. Die Vergabekammer entschied mit einem Beschluss im Zwischenverfahren, dass diese Unterlagen dem jeweils anderen Verfahrensbeteiligten offenbart werden sollten. Hiergegen wandte sich die Beigeladene mit einer sofortigen Beschwerde an das Kammergericht und machte Geheimhaltungsinteressen geltend. „Kammergericht: geschwärzte Informationen aus Schriftsätzen dürfen im Nachprüfungsverfahren nicht verwertet werden“ weiterlesen

OLG Frankfurt a. M.: Mindestanforderungen an Nebenangebote müssen transparent definiert werden

Das OLG Frankfurt a. M. befasst sich mit der Frage, wie Mindestanforderungen an Nebenangebote wirksam aufgestellt werden können.

Die Entscheidung betrifft die Vergabe von Infrastruktur- und Erschließungsleistungen für ein neues Stadtviertel. Die Vergabeunterlagen sahen vor, dass Nebenangebote in Verbindung mit einem Hauptangebot zulässig waren. Nebenangebote mussten die Mindestanforderungen erfüllen. Ausdrückliche Festlegungen zu den Mindestanforderungen enthielten die Vergabeunterlagen aber nicht.

Ein Unternehmen gab u. a. ein Nebenangebot ab, das vorsah, dass für den Bau von Straßen u. a. eine  Frostschutzschicht und eine kombinierte Frost- und Schottertragschicht aus Recycling-Material verwendet werden sollten. Die Auftraggeberin lehnte das Nebenangebot mit der Begründung ab, dass die Verwendung von Recycling-Material nicht akzeptiert werde. „OLG Frankfurt a. M.: Mindestanforderungen an Nebenangebote müssen transparent definiert werden“ weiterlesen

EuGH: Recht auf wirksamen Rechtsbehelf gilt auch im Vergabeverfahren

Eine aktuelle Entscheidung des EuGH befasst sich mit der Bedeutung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Vergabeverfahren. Gegenstand der Entscheidung ist ein Vorabentscheidungsersuchen des italienischen Kassationshofs, dem ein Vergabeverfahren der Gesundheitsbehörde der Region Valle d’Aosta zugrunde lag. Ein Bieter im Vergabeverfahren, dem der Zuschlag nicht erteilt werden sollte, wandte sich mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen seinen Ausschluss aus dem Vergabeverfahren und die Erteilung des Zuschlags an einen anderen Bieter. Vor dem Verwaltungsgericht blieb die Klage erfolglos, da das Gericht sowohl den Ausschluss als auch die Zuschlagsentscheidung in der Sache für rechtmäßig erachtete. Im Berufungsverfahren wies der Staatsrat einerseits die Berufung zurück, soweit sie die Bewertung des Angebots des Bieters betraf. Hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit des Vergabeverfahrens insgesamt hob das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung aber auf und führte aus, die Klage sei insoweit bereits unzulässig gewesen, da der Bieter vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden sei. Daher könne er insoweit keine Nachprüfung des Vergabeverfahrens verlangen. Gegen dieses Urteil erhob der Bieter Kassationsbeschwerde zum Kassationsgerichtshof und machte geltend, die Entscheidung verletze sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Der Kassationsgerichtshof legte dem EuGH  sinngemäß die Frage zur Entscheidung vor, ob  es das Unionsrecht verlange, dass das Urteil des Staatsrats, des höchsten Verwaltungsgerichts, mit einem Rechtsbehelf angefochten werden könne, wenn es nicht mit Unionsrecht in Einklang stehe. „EuGH: Recht auf wirksamen Rechtsbehelf gilt auch im Vergabeverfahren“ weiterlesen

Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: potentielle Verstöße müssen nicht gerügt werden

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. erläutert die Reichweite der vergaberechtlichen Rügeobliegenheiten. Gegenstand der Entscheidung ist ein Vergabeverfahren zur Beschaffung eines Videokonferenzsystems für hessische Schulen. In den Vergabeunterlagen forderte der Auftraggeber u. a. die Benennung mindestens eines Referenzauftrags über Bereitstellung und Betrieb einer Videokonferenzsystem-Umgebung inklusive technischem Support. Ein Bieter reichte hierauf eine Bieterfrage ein und beschrieb darin, dass er Software-Lösungen für Remote-Support, Access, Online-Meetings und weitere Anwendungsfälle in einer integrierten Suite anbiete. Er wollte wissen, ob als Referenzauftrag ein Auftrag benannt werden könne, bei dem ein Kunde eine Produktsuite inkl. Online-Video-Konferenzen nutze. Dies bejahte der Auftraggeber und legte dabei den Namen des Bieters offen. „Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: potentielle Verstöße müssen nicht gerügt werden“ weiterlesen

OLG Koblenz: Auftragswertschätzung muss ordnungsgemäß sein

Eine aktuelle Entscheidung des OLG Koblenz verdeutlicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Auftragswertschätzung gemäß § 3 VgV. Die Entscheidung betraf die Vergabe eines Auftrags über die Verwertung u. a. von Altpapier. Die vom Auftraggeber, einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, durchgeführte Auftragswertschätzung ergab, dass der Wert des Auftrags unterhalb des Schwellenwerts nach § 106 GWB für die Durchführung eines EU-weiten Vergabeverfahrens nach den Bestimmungen des Teils 4 des GWB lag. Der Auftraggeber vergab den Auftrag daher im Wege einer beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 4 VOL/A. Eine Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der EU veröffentlichte er nicht. Stattdessen kontaktierte er fünf Unternehmen und forderte diese zur Abgabe eines Angebots auf. Nach Abschluss des Vertrages mit einem der Bieter wandte sich eines der nicht zum Zuge gekommenen Unternehmen  mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Der Antragsteller machte geltend, die Auftragswertschätzung sei fehlerhaft. Der Auftrag überschreite den maßgeblichen Schwellenwert. Der Auftraggeber hätte ein EU-weites Vergabeverfahren durchführen müssen, so dass der geschlossene Vertrag unwirksam sei. „OLG Koblenz: Auftragswertschätzung muss ordnungsgemäß sein“ weiterlesen