VK Bund zum Angebotsausschluß wegen Abweichungen von den Vergabeunterlagen

Abweichungen des Bieters von den Vergabeunterlagen führen zwingend zum Ausschluß seines Angebotes. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Grundsatz, daß öffentliche Aufträge im Wettbewerb zu vergeben sind. Denn nur dann, wenn alle Bieter dasselbe anbieten, können ihre Angebote miteinander verglichen werden, und es besteht ein echter Wettbewerb darum, wessen Angebot die vom Auftraggeber gewählten Wirtschaftlichkeitskriterien am besten erfüllt. Daher sehen die Vergabeverordnungen und -ordnungen ausdrücklich den Ausschluß solchermaßen abweichender Angebote vor, etwa in § 19 Abs. 3 lit. d) VOL/A-EG a. F. und in § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV n. F. „VK Bund zum Angebotsausschluß wegen Abweichungen von den Vergabeunterlagen“ weiterlesen

OLG Düsseldorf: Stellungnahmen von Wirtschaftsprüfern können die Auskömmlichkeit eines Angebots belegen

Gemäß § 60 VgV hat der Auftraggeber bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags auf der dritten Prüfungs- und Wertungsstufe zu untersuchen, ob Angebote ungewöhnlich niedrig erscheinen. Ist dies der Fall, hat er von dem betroffenen Bieter Aufklärung zu verlangen. Der Bieter hat dann die Gelegenheit, darzulegen, daß sein Angebot auskömmlich ist oder aber zwar unauskömmlich, aber dennoch unter wettbewerblichen Gesichtspunkten, insbesondere mit Blick auf die in § 60 Abs. 2 VgV genannten Kriterien, nicht zu beanstanden ist. Gelingt ihm dies nicht, droht der Ausschluß seines Angebots aus dem Vergabeverfahren. „OLG Düsseldorf: Stellungnahmen von Wirtschaftsprüfern können die Auskömmlichkeit eines Angebots belegen“ weiterlesen

OVG Berlin-Brandenburg: Denkmalschutz verpflichtet nicht zur Herstellung eines Zustandes, der nicht dem Original entspricht

Mit der Reichweite des Denkmalschutzes bei Gebäuden, deren Zustand nicht mehr dem bauzeitlichen Original entspricht, hatte sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Urteil zu befassen. Der Rechtsstreit betraf die Reichsforschungssiedlung Haselhorst, eine in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts errichtete Modellsiedlung im Ortsteil Haselhorst des Berlin Bezirks Spandau. Für diese Siedlung hatte die Denkmalschutzbehörde einen Maßnahmenkatalog erstellt, der u. a. den Anstrich der Gebäude mit bestimmten Farben vorsah. Dabei handelte es sich allerdings nicht um den bauzeitlichen Originalanstrich, sondern um eine farbliche Gestaltung, die zum Zeitpunkt der Eintragung der Siedlung in die Denkmalliste im Jahre 1995 überwiegend in der Siedlung vertreten war. Die Eigentümer mehrerer Häuser hatten diese Vorgaben nicht umgesetzt, sondern verschiedene Bauteile ihrer Gebäude in davon abweichenden Farben angestrichen. Ihnen versagte die Denkmalschutzbehörde die Erteilung einer entsprechenden Genehmigung. „OVG Berlin-Brandenburg: Denkmalschutz verpflichtet nicht zur Herstellung eines Zustandes, der nicht dem Original entspricht“ weiterlesen

OVG Berlin-Brandenburg billigt Beurteilungsrichtlinien des Auswärtigen Amtes

Mit Beschluß vom 29. April 2016 (OVG 7 S 3.16) hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Beurteilungsrichtlinien des Auswärtigen Amtes hinsichtlich des umstrittenen Systems der Beurteilung durch einen zentralen Beurteiler für rechtmäßig befunden. Gegenstand des Verfahrens war ein Konkurrentenstreit, den eine Beamtin der Besoldungsgruppe A 15 gegen die Auswahlentscheidung für die Beförderung in ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 16 zum einheitlichen Versetzungstermin 2016 angestrengt hatte. Die Antragstellerin machte im Eilverfahren u. a. geltend, daß die Beurteilungsrichtlinien des Auswärtigen Amtes rechtswidrig seien, weil sie eine Beurteilung durch einen zentralen Beurteiler vorsehen. Hierfür konnte sie sich auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 2015 (1 B 1474/14) stützen, dem diese Rechtsauffassung zugrunde lag. „OVG Berlin-Brandenburg billigt Beurteilungsrichtlinien des Auswärtigen Amtes“ weiterlesen

VG Berlin bestätigt Zweckentfremdungsverbot

In mehreren mit Spannung erwarteten Urteilen hat das Verwaltungsgericht Berlin das in Berlin bestehende Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erstinstanzlich bestätigt. Grundlage der Entscheidungen ist seit 2013 in Berlin geltende Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das es verbietet, Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken zu verwenden. Eine verbotene Zweckentfremdung liegt u. a. dann vor, wenn Wohnraum als Ferienwohnung oder für gewerbliche Zwecke verwendet wird. Mehrere Wohnungseigentümer hatten sich gegen dieses Verbot gewandt und neben anderen Argumenten v. a. einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit, die Eigentumsgarantie und den allgemeinen Gleichheitssatz geltend gemacht. „VG Berlin bestätigt Zweckentfremdungsverbot“ weiterlesen

Vergabenachprüfungsstatistik 2015 veröffentlicht

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erhebt gemäß § 184 GWB bei den ‎Vergabekammern und Oberlandesgerichten jährlich statistische Angaben über die geführten ‎Nachprüfungsverfahren und deren Ergebnisse. Hieran hat sich durch die Vergaberechtsreform 2016 nichts geändert. Auch wenn die Reform umfangreiche Änderungen im Berichtswesen über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit sich gebracht hat, die insbesondere in der neu geschaffenen Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) ihren Ausdruck finden, bleibt es im Bereich der Nachprüfungsstatistik bei der bisherigen Konzeption der jährlichen statistischen Meldungen der Nachprüfungsinstanzen. „Vergabenachprüfungsstatistik 2015 veröffentlicht“ weiterlesen

Generalanwalt Szpunar zur Vereinbarkeit der deutschen Arzneimittelpreisbindung mit dem EU-Recht

Mit seinen Schlußanträgen in der Rechtssache C-148/15 (Deutsche Parkinson-Vereinigung e. V. gegen Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V.) hat sich der Generalanwalt beim EuGH Maciej Szpunar zur Vereinbarkeit der deutschen Arzneimittelpreisbindung mit dem EU-Recht geäußert. Gegenstand seiner Schlußanträge ist § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG), der einen einheitlichen Apothekenabgabepreis v. a. für apothekenpflichtige Arzneimittel verlangt. Konkretisiert wird diese Vorgabe durch die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Den Schlußanträgen liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des OLG Düsseldorf zugrunde, das über die arzneimittelpreisrechtliche Zulässigkeit von Preisnachlässen zu entscheiden hat, die die niederländische Versandapotheke Doc Morris den Mitgliedern der Deutschen Parkinson-Vereinigung gewähren will. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. hatte dies vor den Zivilgerichten als wettbewerbswidrig beanstandet.

Europarechtlich ist die Arzneimittelpreisbindung mangels Harmonisierung allein an den Grundfreiheiten des AEUV zu messen. Nach der Auffassung des Generalanwalts sind die dahingehenden Bestimmungen des deutschen Arzneimittelrechts mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV nicht vereinbar. Der Generalanwalt hält die Vorgabe eines einheitlichen Abgabepreises nach den Maßstäben der Dassonville-Rechtsprechung des EuGH für eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und nicht lediglich für eine nicht von ihrem Anwendungsbereich umfaßte gewisse Verkaufsmodalität im Sinne des Urteils Keck und Mithouard. Eine Rechtfertigung auf der Grundlage von Art. 36 AEUV kommt nach der Auffassung des Generalanwalts nicht in Betracht, schon weil die Maßnahme nicht geeignet sei, dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zu dienen. Insbesondere sei nicht zu erkennen, wie ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für die Sicherstellung einer gleichmäßigen und qualitätvollen Versorgung mit Arzneimitteln dienen könne.

Ob sich der Gerichtshof dieser Rechtsauffassung anschließen wird, darf mit Spannung erwartet werden.

Schlußanträge des Generalanwalts Szpunar vom 2. Juni 2016, Rs. C-148/15, Deutsche Parkinson-Vereinigung e. V.

EuGH: Open-house-Modell ist vergaberechtsfrei

Mit Urteil vom 2. Juni 2016 (Rs. C-410/14) hat der EuGH die mit Spannung erwartete Entscheidung zur vergaberechtlichen Einordnung zulassungsbasierter Beschaffungsverträge (sogenannte Open-house-Verträge) getroffen. Die Entscheidung erging auf der Grundlage eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV, das das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 13. August 2014 (VII-Verg 13/14) an den EuGH gerichtet hatte. Ihm lag ein Vergabenachprüfungsverfahren zugrunde, das den Abschluss von Arzneimittelrabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V durch eine Krankenkasse, die DAK-Gesundheit, betraf. „EuGH: Open-house-Modell ist vergaberechtsfrei“ weiterlesen

VG Berlin: Kein Rechtsschutz gegen Zweckentfremdungsverbot im Eilverfahren

Nahezu pünktlich zum Ablauf der zweijährigen Übergangsfrist für das Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbots, das die Nutzung von Wohnraum in Berlin u. a. als Ferienwohnung grundsätzlich untersagt, hat das Verwaltungsgericht Berlin in einer ersten bekannt gewordenen Entscheidung über einen gegen das Verbot gerichteten Eilantrag entschieden (Beschluß vom 27. April 2016, 6 L 246.16). Dem Verfahren lag der Antrag einer Wohnungseigentümerin zugrunde, die den Erlaß einer einstweiligen Anordnung begehrte, mit dem ihr die Nutzung ihrer drei Wohnungen als Ferienwohnungen gestattet werden sollte. Der Antrag auf Rechtsschutz gegen das Zweckentfremdungsverbot blieb freilich erfolglos: Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts konnte bereits der dafür erforderliche Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Die Antragstellerin hatte sich insoweit v. a. darauf berufen, durch das Verbot der Vermietung ihrer Wohnungen an Feriengäste in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet zu sein. Dies sah das Verwaltungsgericht jedoch als fraglich an, da es der Eigentümerin freistehe, die Wohnungen als regulären Wohnraum zu vermieten. Zudem fehle es auch an einem Anordnungsgrund, da es der Antragstellerin zumutbar sei, abzuwarten, bis sie von dem zuständigen Bezirksamt dazu verpflichtet werde, die Wohnungen zweckgemäß als Wohnraum zu nutzen. Auch ein mögliches Ordnungswidrigkeitenverfahren sah das Gericht nicht als hinreichenden Grund für eine Eilmaßnahme an, da ein solches jedenfalls nicht konkret drohte.

Hinsichtlich der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage, ob das Zweckentfremdungsverbot überhaupt wirksam ist, hat das Gericht keine abschließende Entscheidung getroffen. Weder die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, die v. a. unter den Gesichtspunkten des Parlamentsvorbehalts, der Eigentumsgarantie, der Berufsfreiheit und des Gleichheitssatzes in Frage gestellt werden kann, noch die Vereinbarkeit der Zweckentfremdungsverordnung des Senats mit dem höherrangigen Zweckentfremdungsverbotsgesetz konnte das Gericht im Eilverfahren abschließend feststellen. Insoweit bleibt abzuwarten, bis erste Hauptsacheentscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit über entsprechende Klagen vorliegen. Ohnehin dürfte damit zu rechnen sein, daß viele dieser Fragen erst in höherer Instanz geklärt werden. Kommt etwa ein einfaches Gericht zu dem Ergebnis, daß das Zweckentfremdungsverbot verfassungswidrig ist, hat es gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin oder dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

VG Berlin, Beschl. v. 27. April 2016, 6 L 246.16