Eine aktuelle Entscheidung des OLG Celle befasst sich mit der Frage, welche Angaben der öffentliche Auftraggeber hinsichtlich der Bewertung der Angebote machen muss. Gegenstand der Entscheidung war ein Vergabeverfahren über die Beschaffung von Fahrkartenautomaten. Das Verfahren wurde als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach den Bestimmungen der SektVO durchgeführt. In den Vergabeunterlagen gab der Auftraggeber u. a. an, dass das wirtschaftlichste Angebot anhand des Verhältnisses von Preis und Leistung bestimmt werden sollte. Zu der Bewertung der Leistung enthielten die Vergabeunterlagen verschiedene Angaben, wie die einzureichenden Konzepte bewertet werden sollten. Eine Formel zur Preisbewertung, d. h. der Umrechnung des angebotenen Preises in Wertungspunkte, enthielten die Vergabeunterlagen hingegen nicht.
Ein nicht zum Zuge kommender Bieter wandte sich mit einem Nachprüfungsantrag gegen den bevorstehenden Zuschlag und machte u. a. geltend, es sei nicht hinreichend transparent gemacht, wie die Angebote hinsichtlich des Preises bewertet würden. Vor der Vergabekammer hatte der Nachprüfungsantrag zunächst Erfolg: Die Vergabekammer verpflichtete den Auftraggeber, das Verfahren in das Stadium vor Ausgabe der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen. Hiergegen wandte sich die vorgesehene Zuschlagsempfängerin mit einer sofortigen Beschwerde zum OLG Celle. Diese hatte Erfolg und führte dazu, dass der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde.
Hinsichtlich der Offenlegung der Preisbewertungsformel fehlte der Antragstellerin nach der Auffassung des Gerichts bereits die Antragsbefugnis, weil sie entgegen § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB nicht dargelegt habe, dass ihr durch die behauptete Intransparenz ein Schaden entstanden sei. Die Antragstellerin habe nämlich nicht plausibel vorgebracht, dass die Preisbewertungsformel ihr Angebot beeinflusst habe und dass sie bei einer Offenlegung der Formel ein besseres Angebot abgegeben hätte.
Darüber hinaus hielt das Gericht den Nachprüfungsantrag in diesem Punkt auch für unbegründet, da keine Pflicht bestehe, die Preisbewertungsmethode vorab bekannt zu geben. Ausgehend von § 127 Abs. 4 GWB und § 52 Abs. 3 SektVO unterschied der Vergabesenat zwischen den Zuschlagskriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zu nennen seien, und der Bewertungsmethode. Hinsichtlich der Bewertungsmethode besteht nach der Auffassung des Gerichts weder aus den vergaberechtlichen Vorschriften noch aus allgemeinen Grundsätzen eine Veröffentlichungspflicht. Dies decke sich auch mit der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 14. Juli 2016, Rs. C-6/15, TNS Dimarso) und des BGH (Beschl. v. 4. April 2017, X ZB 3/17), die gerade keine Bekanntmachung der Bewertungsmethode und damit der Preisbewertungsformel forderten.
Erforderlich ist nach der Auffassung des Gerichts allerdings auf der Grundlage der Dimarso-Rechtsprechung des EuGH eine Festlegung der Bewertungsmethode vor Öffnung der Angebote. Diese Voraussetzung war hier aus der Sicht des Vergabesenats erfüllt, da sich durch die Gestaltung der von dem Auftraggeber verwendeten Vergabesoftware eine bestimmte Preisbewertungsformel ergab. Eine Änderung dieser Formel hätte einen händischen Eingriff des Auftraggebers erfordert, was nach der Auffassung des Gerichts ausreichte, um Manipulationen vorzubeugen.
Auch auf der Grundlage dieser Entscheidung kann jedoch weiterhin nicht als gesichert gelten, dass öffentliche Auftraggeber tatsächlich keine Angaben zur Bewertungsmethode machen müssen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hatte noch mit Beschluss vom 28. März 2017 (6 Verg 5/16) entschieden, dass die Formel für die Umrechnung des Preises in Wertungspunkte aus Transparenzgründen bekanntzumachen ist. Öffentliche Auftraggeber, die das Risiko eines Vergaberechtsverstoßes minimieren wollen, sollten daher weiterhin in diesem Bereich auf größtmögliche Transparenz achten. Ohnehin bringt es i. d. R. dem Auftraggeber keinen Vorteil, auf die Bekanntgabe der Bewertungsmethode zu verzichten, wenn diese ohnehin bereits vor Öffnung der Angebote festgelegt werden muss.