Führt die fehlende Zustimmung zu einer Verlängerung der Bindefrist zum Angebotsausschluss?

Das Oberlandesgericht Celle untersucht in einer aktuellen Entscheidung, welche Folgen die fehlende Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist durch einen Bieter hat. Das Verfahren betraf die Vergabe eines Auftrages über die Lieferung von Materialien und Logistik für den Breitbandausbau. Nach Eingang der Angebote forderte der Auftraggeber die Bieter zur Nachreichung verschiedener Unterlagen auf. Außerdem sollten die Bieter einer Verlängerung der Bindefrist zustimmen. Ein Bieter reichte zwar die nachgeforderten Unterlagen ein, gab jedoch keine Erklärung über die Verlängerung der Bindefrist ab. Der Auftraggeber schloss das Angebot daraufhin aus.

Der Nachprüfungsantrag des Bieters hatte vor der Vergabekammer keinen Erfolg. Im Verfahren über die sofortige Beschwerde hob das Oberlandesgericht Celle die Entscheidung der Vergabekammer auf und verpflichtete den Auftraggeber, das Angebot des Bieters in der Wertung zu belassen. In den Entscheidungsgründen hatte sich das Gericht neben weiteren gegen das Angebot vorgebrachten Beanstandungen im Wesentlichen mit den Auswirkungen der nicht abgegebenen Erklärung zur Verlängerung der Bindefrist zu befassen. Diese betreffen sowohl die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags unter dem Gesichtspunkt der Antragsbefugnis als auch die Begründetheit unter dem Gesichtspunkt der Frage, ob das Angebot auf Grund des Ablaufs der Bindefrist unbeachtlich wurde und ausgeschlossen werden durfte.

Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts, das sich der insoweit herrschenden Meinung anschloss, führt die fehlende Zustimmung zu einer Verlängerung der Bindefrist nicht dazu, dass das Angebot im weiteren Vergabeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden durfte. Zwar bewirke der Ablauf der Bindefrist aus zivilrechtlicher Sicht ein Erlöschen des Angebots. Allerdings führe diese zivilrechtliche Wertung nicht dazu, dass die Angebote auch vergaberechtlich hinfällig und deshalb von der Wertung ausgeschlossen seien. Vielmehr sei der Auftraggeber nicht daran gehindert ist und unter der Geltung des öffentlichen Haushaltsrechts im Einzelfall sogar dazu gehalten sein, den Zuschlag auf ein verfristetes Angebot zu erteilen. Mit den haushaltsrechtlichen Bindungen, denen der Auftraggeber unterliege, sei in der Regel unvereinbar, das wirtschaftlichste Angebot von der Wertung nur deshalb auszunehmen, weil darauf der Zuschlag nicht mehr durch einfache Annahmeerklärung erteilt werden könne, sondern ein eigener Antrag des Auftraggebers und die Annahme durch den Bieter nötig seien.

Darin liege auch keine Ungleichbehandlung der übrigen Bieter. Denn etwaige Auswirkungen der Zuschlagsverzögerung auf die Vertragsausführung etwa hinsichtlich einer Veränderung der Einkaufspreise des späteren Auftragnehmers träfen alle Bieter in gleicher Weise.

Im Ergebnis konnte das Angebot daher trotz des Ablaufs der Bindefrist in der Wertung belassen werden. Da auch im Übrigen keine Ausschlussgründe hinsichtlich des Angebots vorlagen, war der vom Auftraggeber ausgesprochene Ausschluss rückgängig zu machen.

OLG Celle, Beschl. v. 30. Januar 2020, 13 Verg 14/19

 

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