Der beamtenrechtliche Rechtsschutz gegen rechtswidrige Stellenbesetzungen ist gesetzlich nur rudimentär geregelt. Zahlreiche Fragestellungen lassen sich daher nur anhand der – mehr oder weniger – gefestigten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beantworten. Insbesondere die Frist, innerhalb derer eine Konkurrentenklage erhoben oder ein auf Konkurrentenrechtsschutz gerichteter Eilantrag beim Verwaltungsgericht angebracht werden müssen, wirft mitunter Fragen auf.Grundsätzlich ist anerkannt, daß der Dienstherr nach der Mitteilung der Auswahlentscheidung an die nicht berücksichtigten Mitbewerber einen angemessenen Zeitraum bis zur Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten muß (BVerwG, Urt. v. 4. November 2010, 2 C 16.09). Dadurch wird den unterlegenen Bewerbern die Möglichkeit gegeben, rechtzeitig beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zu beantragen. In der Praxis wird meist eine Frist von zwei Wochen als angemessen angesehen. Bleibt der Eilantrag in der ersten Instanz erfolglos, ist dem Beamten ferner die Möglichkeit zu geben, gegen die ablehnende Entscheidung Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht einzulegen; daher ist die gesetzliche Beschwerdefrist abzuwarten. Schließlich muß dann, wenn auch die Beschwerde erfolglos bleibt, eine angemessene Frist zugewartet werden, um dem Bewerber die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu erlauben.
Nicht abschließend geklärt ist ferner die Rechtslage hinsichtlich der Frage, ob daneben gegen die Auswahlentscheidung Widerspruch (ggf. innerhalb der Monatsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO) zu erheben ist. Wie die Rechtsnatur der Auswahlentscheidung und ihrer Mitteilung an die Bewerber einzuordnen ist, wird unterschiedlich beurteilt (z. B. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10. Januar 2018, OVG 4 S 33.17). Soweit es sich bei der Auswahlentscheidung um einen Verwaltungsakt handelt, ist dieser mit Widerspruch und ggf. Klage anzugreifen, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern. Das ist unabhängig von einem ggf. parallel anzubringenden Eilantrag. Andernfalls kann selbst ein stattgebender Eilbeschluß nutzlos bleiben, wenn die Auswahlentscheidung durch Fristablauf endgültig wird.
Weitere Besonderheiten gelten in gestreckten Auswahlverfahren, insbesondere in Verfahren zur Vergabe einer Professur an einer Universität. Hier muß nach jüngerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits die Konkurrentenmitteilung mit einem Antrag auf Eilrechtsschutz bekämpft werden. Es genügt nicht (wie noch in der älteren Rechtsprechung angenommen wurde), den Ausgang der Berufungsverhandlungen abzuwarten und erst dann den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu beantragen (BVerwG, Urt. v. 20. Oktober 2016, 2 C 30/15). Wartet der erfolglose Bewerber trotz Mitteilung der Auswahlentscheidung über einen längeren Zeitraum zu, bis er verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nimmt, kann das daher sogar die Verwirkung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs begründen (VG Dresden, Beschl. v. 12. Juni 2018, 5 L 693/17).
Hallo,
gibt es noch mehr Rechtssprechung zu den zwei Wochen:
„Dadurch wird den unterlegenen Bewerbern die Möglichkeit gegeben, rechtzeitig beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zu beantragen. In der Praxis wird meist eine Frist von zwei Wochen als angemessen angesehen.“
Bei mir wurde nur eine Frist von 7 Tage eingehalten
Eine Aussage zur Länge der Frist findet sich z. B. bei BVerwG, Urt. v. 26. Januar 2012, 2 A 7/09, Rn. 48:
„Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass unterlegenen Kandidaten die Auswahlentscheidung rechtzeitig, d. h. zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Stellenbesetzung mitgeteilt wird und dass auch während eines laufenden Rechtsschutzverfahrens nach Abschluss einer Instanz jeweils genug Zeit bleibt, die Überprüfung einer nachteiligen Entscheidung, gegebenenfalls durch das BVerfG, einzuleiten. Wird diese Möglichkeit durch den Dienstherrn vereitelt, kann dem Bewerber nicht vorgeworfen werden, er habe es versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.“
Sehr geehrter Herr Conrad,
kann nur eine Geschädigte, z.B. Bewerber/in einen Eilantrag oder Einspruch und Klage erheben oder können auch Dritte, die um irreguläre Prozesse im laufenden Berufungsverfahren intern wissen Einspruch einlegen per Eilantrag?
Gruß
Eine Klage oder Eilantrag kann i. d. R. nur derjenige mit Erfolg erheben, der geltend machen kann, in seinen eigenen Rechten verletzt zu sein. Das sind in Bewerbungssituationen üblicherweise nur die Konkurrenten, die nicht zum Zuge kommen sollen.
Sehr geehrter Herr Conrad,
ich habe mich bei einem andren Dienstherrn beworben, habe eine Zusage unter Vorbehalt der Prüfung der Personalakte (hierin sind keine Abmahnungen oder sonstiges enthalten) erhalten. Und jetzt kam die Absage. Wäre hier eine Konkurrentenklage möglich. Gibt es für den Eilantrag bei Gericht Anwaltszwang?
Gegen eine Ablehnung der Bewerbung ist grds. gerichtlicher Rechtsschutz möglich. Ob das Aussicht auf Erfolg hat, hängt natürlich von den konkreten Gründen für die Ablehnung ab. Beim Verwaltungsgericht gibt es für Klagen und Eilanträge keinen Anwaltszwang.
Sehr geehrter Herr Conrad,
ich habe dazu auch nochmal eine Frage.
Ich habe mich auf eine Stelle im öffentlichen Dienst beworben und habe ein mündliche Zusage unter Vorbehalt erhalten. Der Starttermin sollte jetzt am 01.05.2023 sein. Es kam bisher noch nicht zur Vertragsunterzeichnung. Jetzt wurde mir mitgeteilt, dass sie eine etwaige Konkurrentenklage abwarten müssen und es höchstwahrscheinlich nicht am 01.05.2023 starten wird und ich ab 01.05.2023 arbeitslos bin. Es wird dann später starten. Das Problem ist, ich scheide am 30.04.2023 dann aus dem öffentlichen Dienst aus und würde dann nach dem Abwarten der Frist mit einem neuen Vertrag und dem Wegfall der Erfahrungsstufe und einer Probezeit ganz von vorn anfangen . Gibt es eine andere Möglichkeit dies zu umgehen. Die Absageschreiben an die Mitkonkurrenten sind noch nicht verschickt worden.
Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Leider gibt es für eine solche Situation keine Patentlösung. Wenn der neue Vertrag/die neue Ernennung noch nicht unterzeichnet/vollzogen werden kann, kann man das als Bewerber nicht ändern. Im Grunde kann man nur versuchen, das Ende des bisherigen Anstellungsverhältnisses nach hinten zu schieben (z. B. durch eine einvernehmliche Verlängerung des Vertrages).
Sehr geehrter Herr Dr. Conrad,
Ich habe heute eine abweisende Mitteilung ohne nähere Begründung in einem Bewerbungsverfahren erhalten. Ich vermute weil eine aktuelle dienstliche Beurteilung bei meinem Dienstherren (andere Behörde innerhalb desselben Rechtsträgers: Land Berlin) zwar beantragt ist aber bislang mir noch nicht ausgestellt wurde. Ich habe mich sofort bei Bewerbung die Austellung einer aktuellen Beurteung beantragt und dies im Bewerbungsverfahren auch so mitgeteilt. Kann, weil noch keine aktuelle Beurteilung vorliegt, einfach abgelehnt werden?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
RK
R.
Das Fehlen einer aktuellen dienstlichen Beurteilung ist kein Ablehnungsgrund. Nötigenfalls muss eine aktuelle Beurteilung erstellt werden. S. BVerwG, Beschluss vom 19. September 2023, 2 VR 2.23: „Erfüllt ein Bewerber die weiteren Anforderungen in einem nach den Vorgaben des Art. 33 II GG durchzuführenden Auswahlverfahren, darf ihm die Einbeziehung in das Auswahlverfahren nicht unter Hinweis auf eine nicht vorhandene Regelbeurteilung versagt werden; wenn nicht auf eine aktuelle dienstliche Beurteilung zurückgegriffen werden kann, ist vielmehr eine solche zu erstellen.“
Falls Sie Zweifel haben, weshalb Ihre Bewerbung abgelehnt wurde, können Sie die Auswahlbehörde um Akteneinsicht bitten und auf diese Weise den Vorgang nachvollziehen.
Sehr geehrter Herr Dr. Conrad,
in einem Berufungsverfahren habe ich von der Hochschule die Information erhalten, dass ich auf Platz 2 der Liste bin. Kann ich bereits zu diesem Zeitpunkt um Akteneinsicht bitten oder muss ich erst die eigentliche Absage bzw. Konkurrentenmitteilung abwarten, d. h. wenn final klar ist, dass die Person auf Platz 1 den Ruf angenommen hat?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung!
Freundliche Grüße
M.
I. d. R. wird Akteneinsicht erst gewährt, wenn die Auswahlentscheidung endgültig ist, also wenn feststeht, dass der erstplatzierte Bewerber ernannt werden soll. Vorher ist die Akteneinsicht auch nicht erforderlich, um die Rechte der nachrangig platzierten Bewerber zu wahren. Daher ist diese Praxis zumindest faktisch weit verbreitet.
Wann muss gegen Schreiben einer Hochschule in Sachen Berufungsverfahren einstweilige Anordnung ergriffen werden?
Schreiben 1 gibt an, dass man nicht auf die Berufungsliste genommen worden ist und dass das Einstellungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und dass man noch ein weiteres Schreiben erhält über den Ausgang des Verfahrens. Die Namen der ausgewählten Personen und Gründe für die Auswahlentscheidung sind im Schreiben nicht enthalten.
Das spätere Schreiben 2 gibt an, dass das Berufungsverfahren endgültig abgeschlossen ist. Eine bevorstehenden Ernennung der ausgewählten Person wird im Schreiben nicht erwähnt. Gründe für die Auswahlentscheidung werden im Schreiben ebenfalls nicht erwähnt.
M.E. liegt hier zu keinem Zeitpunkt eine wirksame Konkurrentenmitteilung vor. Schreiben 1 ist keine endgültige Negativmitteilung an unterlegene Bewerber und es wird gesagt, dass ein weiteres Schreiben folgt. Zudem werden auch nicht die Namen der ausgewählten Personen genannt und auch keine Gründe für die Auswahlerwägung. Auf Basis von Schreiben 1 muss ein Bewerber vielmehr davon ausgehen, dass er noch ein weiteres Schreiben erhält, in dem ordnungsgemäß die bevorstehende Ernennung der ausgewählten Person mitgeteilt wird und ihr Name. Schreibe 2 teilt nun den endgültigen Abschluss des Einstellungsverfahrens mit, sodass ein Bewerber davon ausgehen muss, dass eine bereits vollzogene Ernennung mitgeteilt wurde.
M.E. liegt hier zu keinem Zeitpunkt eine wirksame Konkurrentenmitteilung vor, sodass eine einstweilige Anorndung gar nicht möglich ist. Trifft dies zu?
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2016 – 2 C 30/15 – ist der unterlegene Bewerber gehalten, gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, sobald er Kenntnis von der Person des ausgewählten Bewerbers und von den wesentlichen Gründen für die Auswahlentscheidung hat. Dafür ist es aber nicht erforderlich, dass dem unterlegenen Bewerber diese Informationen ungefragt mitgeteilt werden. Jedenfalls hinsichtlich der Auswahlgründe spricht das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich an, dass diese dem unterlegenen Bewerber „jedenfalls auf sein Verlangen hin“ zugänglich zu machen sind. Bei Berufungsverfahren an Hochschulen hält das Bundesverwaltungsgericht außerdem Eilrechtsschutz für möglich, sobald die Berufungsliste erstellt wurde. Dementsprechend hätte es hier wohl nahegelegen, bereits beim Zugang von Schreiben 1 um Akteneinsicht nachzusuchen und anschließend ggf. eine einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht zu beantragen.