Auch nachdem der BGH die „Schulnoten-Rechtsprechung“ des OLG Düsseldorf verworfen hat (Beschl. v. 4. April 2017, X ZB 3/17), bleiben die Anforderungen an die Transparenz bei der Angebotswertung hoch. Das verdeutlicht der Beschluß der 2. Vergabekammer des Bundes vom 31. Juli 2017, der die Vergabe eines Bauauftrags über sogenannte Wasserinjektionleistungen betraf. Neben Beanstandungen, die die Bildung einer Bietergemeinschaft durch die Beigeladene und die Frage einer möglichen Mischkalkulation betrafen, beanstandete die Antragstellerin u. a., daß die Auftraggeberin der Angebotswertung Kriterien zugrunde gelegt habe, die nicht in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen offengelegt worden seien.
Tatsächlich ließen sich im Nachprüfungsverfahren Transparenzmängel feststellen, die auch unter Berücksichtigung der vom BGH formulierten Anforderungen an die Angebotswertung und unter Berücksichtigung der bereits zuvor ergangenen Rechtsprechung des EuGH (u. a. Urt. v. 14. Juli 2016, Rs. C-6/15, TNS Dimarso) nicht zu rechtfertigen waren. Insbesondere hatte die Auftraggeberin innerhalb eines Unterkriteriums Gesichtspunkte positiv bewertet, die über die Anforderungen aus der Leistungsbeschreibung hinausgingen, ohne allerdings zuvor offen gelegt zu haben, daß sie eine solche Übererfüllung positiv honorieren wollte. Zutreffend hat die Vergabekammer dies als fehlerhaft angesehen. Mit der Festlegung von Zielerfüllungsgraden, die bei der Diskussion um die „Schulnoten-Rechtsprechung“ im Raum stand, hat dies nichts zu tun; vielmehr hatte die Auftraggeberin bei der Angebotswertung im Ergebnis Leistungsparameter berücksichtigt, ohne dies den Bietern vorab mitzuteilen. Daß sie dies zu tun beabsichtigte, stand auch schon vor dem Versand der Auftragsbekanntmachung fest, so daß es der Auftraggeberin ohne weiteres möglich gewesen wäre, für eine entsprechende Transparenz zu sorgen. Bei einem weiteren Unterkriterium hatte die Auftraggeberin durch die nachträgliche Einführung zusätzlicher Einzelkriterien faktisch die Gewichtung einzelner Kriterien geändert, ohne daß dies für die Bieter erkennbar war. Auch das war fehlerhaft. Hinzu kam neben weiteren Mängeln die nachträgliche Einführung einer neuen Umrechnungsformel für die Punktevergabe bei einem weiteren Unterkriterium, die wiederum intransparent und damit rechtswidrig war.
Insgesamt war das Vergabeverfahren damit wegen einer Vielzahl von Transparenzdefiziten in das Stadium vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Die Entscheidung der Vergabekammer zeigt damit anschaulich, daß das vergaberechtliche Transparenzgebot weiterhin ernst zu nehmen ist.
Die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung blieb erfolglos:
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. Januar 2018, VII-Verg 39/17 .