Die Vergabekammer Südbayern erläutert in einem aktuellen Beschluss die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Vorinformation gemäß § 134 Abs. 1 GWB. Die Entscheidung betrifft die Vergabe der Lieferung und Montage einer Schiebetoranlage mit Fahrzeugschleuse im Wege eines offenen Verfahrens nach den Bestimmungen des Abschnitts 2 der VOB/A (VOB/A-EU). Der Auftraggeber schloss das Angebot eines Bieters aus, weil der Bieter keine hinreichenden Referenzaufträge benannt habe und weil zudem keine Prüfzeugnisse vorgelegt worden seien. In der Vorinformation teilte er dem Bieter allerdings nur mit, dass sein Angebot mangels vorgelegter Prüfzeugnisse für den Zuschlag nicht in Betracht komme. Auf die Rüge des Bieters sagte der Auftraggeber zu, bis zum Abschluss einer Neuprüfung der Angebote keinen Zuschlag zu erteilen, und forderte von dem Bieter Angaben zu den Referenzen nach. Mit einem weiteren Schreiben wies der Auftraggeber allerdings die Rücke zurück und teilte mit, eine Nachforderung von Referenzangaben komme nicht in Betracht. Bereits zuvor hatte er einem anderen Bieter den Zuschlag erteilt. „VK Südbayern: Vorinformation muss vollständig sein“ weiterlesen
Unechte Produktorientierung: nur im Ausnahmefall zulässig
Eine Entscheidung der Vergabekammer Südbayern befasst sich mit den Anforderungen an eine sogenannte unechte Produktorientierung in einer Ausschreibung. Das Nachprüfungsverfahren betraf ein Vergabeverfahren zur Erbringung von Arbeiten an einer raumlufttechnischen Anlage im Zuge der Instandsetzung und Erweiterung eines Gymnasiums. Im Leistungsverzeichnis machte der Auftraggeber u. a. konkrete Vorgaben hinsichtlich der Spezifikationen der einzubauenden Lüftungsgeräte und gab dabei an, dass ein bestimmtes Produkt als „Planungsfabrikat“ gedient habe. Nach Abgabe der Angebote entschied der Auftraggeber, auf das Angebot eines Bieters u. a. mangels Eignung sowie auf Grund einer Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses keinen Zuschlag zu erteilen. „Unechte Produktorientierung: nur im Ausnahmefall zulässig“ weiterlesen
Neues zur Zulässigkeit von Bietergemeinschaften
Die Zulässigkeit der Eingehung von Bietergemeinschaften war in der jüngeren Zeit immer wieder Gegenstand vergaberechtlicher Entscheidungen. Eine aktuelle Entscheidung der Vergabekammer Südbayern (Beschl. v. 1. Februar 2016, Z3/3/3194/1/58/11/15) faßt nun den Stand der Diskussion zusammen und bietet hilfreiche Hinweise für den Umgang mit Bietergemeinschaften im Vergabeverfahren.
Der Beschluß betrifft ein Verfahren über die Vergabe von Omnibusleistungen im ÖPNV. Beworben hatte sich u. a. eine Bietergemeinschaft, die den Zuschlag erhalten sollte. Eine Konkurrentin griff dies mit dem Argument an, die Eingehung einer Bietergemeinschaft sei unzulässig. Zur Beurteilung dieses Einwandes weist die Vergabekammer im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, daß gemäß § 19 Abs. 3 lit. f) VOL/A-EG Angebote von Bietern ausgeschlossen werden müssen, die in bezug auf die Angebotsabgabe eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Absprache getroffen haben. Eine derartige unzulässige Absprache liegt u. a. dann vor, wenn sie gegen das in § 1 GWB und Art. 101 AEUV normierte Kartellverbot verstößt, wenn also eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. In der Rechtsprechung ist bereits geklärt, daß die Bildung einer Bietergemeinschaft eine derartige unzulässige Kartellvereinbarung darstellen kann, weil sie in der Regel die Abrede enthält, daß sich die Mitglieder der Bietergemeinschaft eines eigenen Angebots enthalten und auf diese Weise eine Konkurrenz zwischen ihnen verhindern. Wie die Vergabekammer weiter erläutert, ist dies regelmäßig dann unschädlich, wenn die Mitglieder der Bietergemeinschaft unterschiedlichen Branchen angehören, weil dann zwischen ihnen üblicherweise kein Wettbewerb besteht. Sind sie hingegen auf demselben Markt tätig, kann die Bildung einer Bietergemeinschaft gleichwohl zulässig sein, wenn objektiv die beteiligten Unternehmen ein jedes für sich zu einer Teilnahme an dem Vergabeverfahren mit einem eigenständigen Angebot aufgrund ihrer betrieblichen oder geschäftlichen Verhältnisse (z. B. mit Blick auf Kapazitäten, technische Einrichtungen oder fachliche Kenntnisse) nicht leistungsfähig sind und erst der Zusammenschluß zu einer Bietergemeinschaft sie in die Lage versetzt, sich daran zu beteiligen. Dabei hat sich die Zusammenarbeit in subjektiver Hinsicht als eine im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung darzustellen, wobei den beteiligten Unternehmen eine Einschätzungsprärogative zuzuerkennen ist (u. a. KG, Beschl. v. 24. Oktober 2013, Verg 11/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9. November 2011, VII-Verg 35/11; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. Dezember 2014, Verg 22/14).
Aus diesen im Grundsatz anerkannten Regeln kann jedoch nach der Auffassung der Vergabekammer Südbayern nicht der Schluß gezogen werden, daß Bietergemeinschaften stets dem Verdacht der Unzulässigkeit unterliegen. Vielmehr muß stets im Einzelfall geprüft werden, ob Anhaltspunkte für eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede bestehen, wobei zudem die Vereinbarung die Marktverhältnisse durch eine Beschränkung des Wettbewerbs zumindest spürbar beeinflussen muß. Dabei haben Bietergemeinschaften nicht schon von sich aus mit der Angebotsabgabe darzulegen, weshalb ihre Eingehung zulässig ist. Vielmehr genügt es, wenn sie auf eine gesonderte Aufforderung des Auftraggebers dazu Stellung nehmen, da eine Vermutung ihrer Wettbewerbswidrigkeit nicht besteht (so auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. Dezember 2014, VII-Verg 22/14).
Im konkreten Fall gelangte die Vergabekammer damit zu dem Ergebnis, daß die Eingehung einer Bietergemeinschaft zulässig war. Denn die in ihr zusammengeschlossenen Unternehmen waren nicht schon ein jedes für sich leistungsfähig, da die Mitglieder einerseits nicht über die erforderliche Zahl an Omnibussen und andererseits nicht über die für den Verkehr auf den ausgeschriebenen Linien nötigen Betriebshöfe und Abstellflächen verfügten. Erst die Eingehung einer Bietergemeinschaft versetzte die beiden Unternehmen daher in die Lage, sich mit einem aussichtsreichen Angebot an dem Vergabeverfahren zu beteiligen.
VK Südbayern, Beschl. v. 1. Februar 2016, Z3-3/3194/1/58/11/15