Eine Entscheidung der Vergabekammer Lüneburg zeigt, welche Folgen es haben kann, wenn Angebote nicht den Vorgaben der Vergabeunterlagen entsprechen.
Die Entscheidung betraf ein Vergabeverfahren zur Beschaffung einer Elektro-Kehrmaschine. Mit den Angeboten war u. a. ein technisches Datenblatt einzureichen. Ein Bieter gab ein Angebot ab, dem er neben dem ausgefüllten Leistungsverzeichnis auch zwei Dokumente mit technischen Angaben zu dem von ihm angebotenen Produkt beifügte. Diese enthielten jeweils den Zusatz: “technische Änderungen vorbehalten”.
Der Auftraggeber schloss das Angebot wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV aus. Der hiergegen gerichtete Nachprüfungsantrag des Bieters hatte keinen Erfolg. Auf der Grundlage der gefestigten Spruchpraxis der Vergabenachprüfungsinstanzen erläuterte die Vergabekammer, dass eine unzulässige Abweichung von den Vergabeunterlagen immer dann vorliegt, wenn der Bieter etwas anderes anbietet, als es der Auftraggeber nachfragt. Auf die Wettbewerbsrelevanz, Wesentlichkeit oder Geringfügigkeit der Änderung komme es dabei nicht an. Im hiesigen Fall sah die Vergabekammer in dem Vorbehalt technischer Änderungen eine solche Abweichung von den Festlegungen des Antragsgegners in den Vergabeunterlagen. Behalte sich ein Bieter technische Änderungen in ihrem Angebot vor, übertrage er das grds. ihm obliegende Risiko einer fehlerbehafteten Angebotsgestaltung auf die Auftraggeberseite. Dies entspreche weder dem vergaberechtlichen System von Angebot und Annahme noch dem Willen des Auftraggebers. Eine Aufklärung des Angebotsinhalts hielt die Vergabekammer nicht für geboten oder zulässig, da diese zu einer unzulässigen Änderung des Angebotsinhalts geführt hätte.
Die Entscheidung erging noch vor dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 1997 (X ZR 86/17), mit dem der Bundesgerichtshof die Streichung eigener Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen eines Bieters für zulässig erachtet hat. Selbst bei Berücksichtigung der dort aufgestellten Grundsätze erscheint aber fraglich, ob die hiesige Entscheidung hätte anders ausfallen müssen. Denn der Bieter hatte nicht lediglich eigene Bedingungen für das Vertragsverhältnis formuliert, sondern bereits offen gelassen, welche Leistung er überhaupt anbieten wollte. Dies dürfte auch unter Berücksichtigung des großzügigen Maßstabes der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht mit § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV zu vereinbaren sein.