Die 1. Vergabekammer des Bundes befasst sich erneut mit den Anforderungen an die wirksame Bekanntmachung von Eignungsanforderungen. Dem Beschluss lag ein Vergabeverfahren zur Beschaffung von Planungsleistungen im Wege eines offenen Realisierungswettbewerbs für den Neubau eines Bundes-, Kompetenz-, Schulungs- und Dokumentationszentrums zugrunde. Auftraggeber war ein eingetragener Verein, dessen Baumaßnahme allerdings zu mehr als 90 % aus öffentlichen Mitteln des Bundes finanziert wurde, so dass er nach § 99 Nr. 4 GWB als öffentlicher Auftraggeber einzustufen war. Die Wettbewerbsbekanntmachung enthielt u. a. folgende Aussagen über die erforderliche technische und berufliche Leistungsfähigkeit zugrunde:
„(…) vom Architekten als Referenzobjekt mindestens ein realisiertes Projekt (Lph 2-8) oder ein Wettbewerbsbeitrag, der die Preisgruppe erreicht hat (…). Werden ausschließlich Wettbewerbsbeiträge eingereicht, ist zusätzlich der Nachweis der Realisierungserfahrung Lph 5-8 – ggf. durch Eignungsleihe gem. § 47 VgV – nachzuweisen. Das bzw. die Referenzobjekte müssen mindestens 2 Mio. Euro Baukosten (Kostengruppe 300 + 400 netto) umfassen. (…)“ (vgl. auch Ziffer 1.15 der Auslobungsbedingungen).“
Der Auftraggeber schloss eine Bietergemeinschaft aus dem weiteren Verfahren aus, weil deren Referenzen nicht die geforderte Mindestauftragssumme von 2 Millionen Euro Baukosten je Auftrag erreicht hätten und zudem älter als drei Jahre seien.
Der Nachprüfungsantrag der ausgeschlossenen Bietergemeinschaft hatte vor der 1. Vergabekammer des Bundes Erfolg. Die Vergabekammer beanstandete den Ausschluss aus zwei Gründen als vergaberechtswidrig:
- Bereits die Vorgabe einer Mindestauftragssumme war nicht eindeutig. Die Formulierung, nach der „das bzw. die“ Referenzobjekte mindestens 2 Millionen Euro Baukosten „umfassen“ mussten, ließ offen, ob sich der Betrag von 2 Millionen Euro auf jedes einzelne Referenzobjekt oder aber alle Referenzobjekte insgesamt bezog. Dass ausdrücklich auf „die“ Referenzobjekte verwiesen wurde, legte nach der Auffassung der Vergabekammer sogar nahe, dass sich der Betrag auf die Summe der Baukosten aller Referenzobjekte beziehen sollte. Nach der gefestigten Rechtsprechung, wonach Zweifel bei den Eignungsanforderungen zu Lasten des Auftraggebers gehen, konnte ein Angebotsausschluss hierauf nicht gestützt werden.
- Hinsichtlich des erforderlichen Zeitraums von drei Jahren, aus dem die Referenzaufträge nach der Ausfassung des Auftraggebers stammen sollten, fand sich keine Aussage in der Bekanntmachung. Zwar sieht § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV vor, dass Referenzen aus den letzten höchstens drei Jahren stammen müssen. Diesen Zeitraum kann der Auftraggeber jedoch verlängern, wenn dies zur Sicherstellung eines ausreichenden Wettbewerbs erforderlich ist. Allein aus dem Verordnungstext lässt sich daher angesichts des Entscheidungsspielraums des Auftraggebers nicht ablesen, welcher Zeitraum maßgeblich ist. Zudem hielt es die Vergabekammer auch nicht für zulässig, dass sich der Bieter die Anforderungen an seine Eignung selbst aus den anwendbaren Rechtsnormen „zusammensuchen“ muss. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB erfordere vielmehr, dass die Eignungsanforderungen bekannt gemacht werden müssten, so dass sich die Eignungsanforderungen allein aus der Bekanntmachung ergeben müssten. Daran fehlte es hier
Die Entscheidung liegt auf der Linie der jüngeren Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Bekanntmachung von Eignungsnachweisen (z. B. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11. Juli 2018, VII-Verg 24/18). Vollständigkeit und Transparenz der Bekanntmachung sind in dieser Hinsicht somit weiterhin ein nicht zu unterschätzendes Gebot.
VK Bund, Beschl. v. 9. November 2018, VK 1-101/18