§ 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV erlaubt die Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, wenn der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden kann, insbesondere weil aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Patenten oder anderer gewerblicher Schutzrechte kein Wettbewerb besteht. Daß die Anforderungen an diesen Ausnahmetatbestand nicht unterschätzt werden dürfen, zeigt ein aktueller Beschluß der 2. Vergabekammer des Bundes.
Gegenstand war die Beschaffung bestimmter technischer Systeme durch einen öffentlichen Auftraggeber. Der Auftraggeber wollte den Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, d. h. direkt, an ein bestimmtes Unternehmen vergeben und veröffentlichte hierzu eine freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung nach § 135 Abs. 3 GWB. Auf der Grundlage der Ex-ante-Bekanntmachung rief ein an dem Auftrag interessiertes Unternehmen nach erfolgloser Rüge die Vergabekammer an und beantragte, dem Auftraggeber den Zuschlag zu untersagen.
Der Antrag war erfolgreich. Nach der Auffassung der Vergabekammer genügten die vom Auftraggeber in der Ex-ante-Bekanntmachung veröffentlichten und auch im Nachprüfungsverfahren angeführten Gründe nicht, um eine Alleinstellung des gewünschten Auftragnehmers zu rechtfertigen. Der Auftraggeber brachte zunächst vor, daß das zu beschaffende Gerät bestimmte funktionale Anforderungen erfüllen mußte, etwa die rasche und einfache Anpassung bestimmter Versuchsaufbauten (z. B. „geringstmöglicher Aufwand“). Diese Ausschließlichkeitsmerkmale könne nur das von dem ausgewählten Auftragnehmer bereitgestellte, unter Patentschutz stehende System erfüllen. Der konkrete Lösungsweg, auf dem diese Ziele erreicht werden sollten, war jedoch nicht vorgegeben. Durch Bestimmungen wie „geringstmöglicher Aufwand“ war gerade keine bestimmte Methode beschrieben, sondern die Leistungsbeschreibung des Auftraggebers war offen für verschiedene Ansätze und damit verschiedene technische Systeme. Damit war jedoch aus der Sicht der Vergabekammer klar, daß der Auftraggeber die Bieterauswahl nicht auf das patentgeschützte technische System des gewünschten Auftragnehmers beschränken durfte. Denn auch das System der Antragstellerin hätte die vom Auftraggeber vorgegebenen Funktionalitäten und die offen formulierten Ziele wie den „geringstmöglichen Aufwand“ erreichen können, wenn auch möglicherweise auf einem anderen Lösungsweg.
Hinzu kam, daß der Auftraggeber zusätzlich zu den funktionalen Anforderungen in der Ex-ante-Bekanntmachung bestimmte Leistungsparameter vorgegeben hatte. Diese Leistungsbeschreibung konnte allerdings der ausgewählte Auftragnehmer mit dem von ihm angebotenen System selbst nicht erfüllen. Sein Angebot war daher nicht zuschlagsfähig, wie die Vergabekammer zu Recht feststellte. In Verbindung mit der fehlerhaften Wahl des Vergabeverfahrens führte dies zwingend dazu, daß die Vergabekammer den Auftraggeber verpflichtete, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen und es bei fortbestehender Beschaffungsabsicht, beginnend bei einer ordnungsgemäßen Markterkundung, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen.