§ 34 Abs. 1 BauGB regelt die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Bauvorhaben, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, aber nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen. Maßgeblich hierfür ist im Wesentlichen, daß sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Wie die Eigenart der näheren Umgebung mit Blick auf die an die Bauweise des Vorhabens zu stellenden Anforderungen zu bestimmen ist, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Beschluss konkretisiert.
Die Entscheidung betrifft die Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage in der Kastanienallee in Berlin-Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg. Die Miteigentümer eines benachbarten Grundstücks hatten sich mit einem Widerspruch gegen die Baugenehmigung für dieses Vorhaben gewandt und zugleich gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt. Sowohl vor dem Verwaltungsgericht Berlin als auch vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg blieben sie mit diesem Begehren freilich erfolglos. Insbesondere fügte sich das Vorhaben nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgericht in die Eigenart der näheren Umgebung i. S. v. § 34 Abs. 1 BauGB ein. Das gilt namentlich für die Bauweise, also für die Frage, ob das Gebäude grenzständig oder mit einem Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen errichtet wird (vgl. § 22 BauNVO für die entsprechende Festsetzung in Bebauungsplänen). Ob eine geschlossene oder eine offene Bauweise vorliegt, ist nach der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts anhand des straßenseitigen Erscheinungsbildes zu beurteilen. Die Eigenart der näheren Umgebung i. S. v. § 34 Abs. 1 BauGB bestimmt sich daher in erster Linie anhand der Bebauung des jeweiligen Straßenzuges.
Nach den Tatsachenfeststellungen des Gerichts konnte für den hier betroffenen Bereich der Kastanienallee lediglich eine uneinheitliche und diffuse Bauweise festgestellt werden, da die vorhandenen Gebäude sowohl in offener als auch in halboffener Bauweise errichtet worden waren. Dabei nahm das Gericht beide Straßenseiten der Kastanienallee in den Blick, da diese angesichts ihrer geringen Breite und der vorhandenen Sichtbeziehungen keine trennende Wirkung entfalte. Da in Gebieten mit teils offener, teils geschlossener Bauweise regelmäßig beide Bauweisen planungsrechtlich zulässig seien, hielt das Gericht eine Grenzbebauung auch hier für zulässig. Für die antragstellenden Nachbarn bedeutete dies, daß sie zwei Fenster in der Wand zum Baugrundstück verschließen mußten. Dies ist nach der Auffassung des Gerichts aber hinzunehmen, da bei einer grenzständigen Bauweise von vornherein mit einer Grenzbebauung auch auf dem Nachbargrundstück gerechnet werden müsse. Da die Antragsteller auch mit ihren weiteren Beanstandungen nicht durchdrangen, blieb ihr Rechtsschutzbegehren im Eilverfahren erfolglos.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15. Juli 2016, OVG 10 S 12.16