Bundesverwaltungsgericht: Öffentliche Stellen müssen Bekanntmachungen über öffentliche Aufträge jedermann zur Verfügung stellen

Die Bestimmungen des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) gelten auch für ausschreibungsbezogene Bekanntmachungen. Sie verpflichten die öffentlichen Stellen, Bekanntmachungen über öffentliche Aufträge jedermann zur Verfügung zu stellen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in einem aktuellen Urteil vom 14. April 2016 (7 C 12.14) entschieden. Ihm lag die Klage des Betreibers eines Internetportals zugrunde, auf dem Bekanntmachungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge veröffentlicht werden. Der Betreiber begehrte von der beklagten Gemeinde, ihm deren Bekanntmachungen über öffentliche Aufträge zu übermitteln. Nachdem der Kläger in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart obsiegt hatte, unterlag er in der Berufungsinstanz vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision führte zur Wiederherstellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

Den rechtlichen Ausgangspunkt des Streits bildete die Frage nach der Anwendbarkeit des Informationsweiterverwendungsgesetzes auf Bekanntmachungen über öffentliche Aufträge. Während noch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg § 1 Abs. 2 Nr. 1 IWG so verstanden hatte, daß die Anwendung des Informationsweiterverwendungsgesetzes einen subjektiven Anspruch auf Zugang zu der jeweiligen Information voraussetzt, verneinte dies das Bundesverwaltungsgericht. Insbesondere der Wille des Gesetzgebers und der Sinn der gesetzlichen Regelung, aber auch die unionsrechtliche Grundlage des Informationsweiterverwendungsgesetzes, die Richtlinie 2003/98/EG, sprechen dafür, daß es auf das Vorliegen eines derartigen subjektiven Zugangsrechts nicht ankommt. Maßgeblich ist vielmehr eine objektiv-rechtliche Sichtweise. Daher unterfallen dem IWG auch Informationen, die eine Behörde von sich aus veröffentlicht hat, ohne daß der einzelne ein subjektives Recht auf Zugang zu der jeweiligen Information besitzt. Deshalb ist auch nicht entscheidend, ob beispielsweise nach den Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) ein Recht auf Zugang zu den auftragsbezogenen Bekanntmachungen besteht. Vielmehr genügt es, wenn eine öffentliche Stelle in Einklang mit den vergaberechtlichen Bekanntmachungsbestimmungen die entsprechenden Angaben publiziert.

Ausgehend hiervon vermittelt § 3 Abs. 2 Satz 1 IWG nach der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts einen Anspruch darauf, daß jede öffentliche Stelle die entsprechenden Informationen unverzüglich nach ihrer Veröffentlichung in dem vorgesehenen Publikationsorgan, also z. B. dem Supplement zum Amtsblatt der EU, jeden Interessenten zur Verfügung stellt. Für öffentliche Auftraggeber, die dem Anwendungsbereich des Informationsweiterverwendungsgesetzes unterliegen (s. dazu § 2 Nr. 1 IWG), folgen daraus weitreichende Pflichten. Diese können allerdings durchaus im Interesse des jeweiligen Auftraggebers selbst liegen, denn die Weiterverbreitung von Auftragsbekanntmachungen über das eigentlich vorgesehene Publikationsorgan hinaus erhöht ihren Verbreitungsgrad und kann dazu beitragen, das Interesse von Bietern zu wecken, die andernfalls von dem Auftrag keine Kenntnis erlangt hätten. Der mit der Weitergabe der Informationen verbundene Aufwand kann sich daher durchaus bezahlt machen, indem er zu einem breiteren Wettbewerb und zu attraktiveren Angeboten führt.

BVerwG, Urt. v. 14. April 2016, 7 C 12.14

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