Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs befaßt sich mit der Frage, ob der Auftragnehmer eines Bauvertrages bei einer Verzögerung des Zuschlags Ersatz der Vorhaltekosten verlangen kann.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein Bauunternehmen, hatte sich in einer Ausschreibung um Bauleistungen betreffend den Ausbau der Bundesautobahn A 19 beworben. In seinem Angebot hatte er u. a. Kosten für den Einsatz einer Stahlgleitwand kalkuliert. Während des Vergabeverfahrens kam es zu erheblichen Überschreitungen der ursprünglich vorgesehenen Zuschlags- und Bindefristen, so daß beim Zuschlag der eigentlich vereinbarte Ausführungszeitraum längst verstrichen war. Mit der Klage begehrte der Kläger Ersatz dafür, daß er während der verlängerten Zuschlagsfrist die Stahlgleitwand unnötig vorhalten mußte.
Der BGH lehnte einen Anspruch auf Ersatz der Vorhaltekosten ab. Ein Mehrvergütungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B komme nicht in Betracht, da es nicht um die Vergütung von Mehrleistungen gehe. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH eine Anpassung der Vergütung analog § 2 Nr. 5 VOB/B in Betracht kommen, wenn sich die Ausführungsfristen eines Bauauftrages auf Grund eines verzögerten Zuschlags verschieben. Darum ging es hier aber nicht, da lediglich Kosten für die Vorhaltung der eigenen Kapazitäten während der verlängerten Zuschlagsfrist geltend gemacht wurden.
Auch einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage einer vorvertraglichen Pflichtverletzung schloß der BGH aus, da nicht in Erwartung des Zuschlags getätigte Aufwendungen, sondern eine Entschädigung für das Vorhalten der eigenen Leistung geltend gemacht würden.
Schließlich kommt nach der Auffassung des BGH auch keine analoge Anwendung von § 642 BGB in Betracht: Die von dem Kläger verlangte Entschädigung betreffe den Zeitraum vor Vertragsschluß, für den es an einer vergleichbaren Interessenlage, die eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 642 BGB rechtfertige, fehle. Kosten, die durch die Aufrechterhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit bis zum Zuschlag entstünden, seien Kosten der Vertragsakquise, die jede Partei grundsätzlich selbst zu tragen habe. Der Bieter, der diese Kosten vermeiden wolle, sei durch die Möglichkeit, seine Zustimmung zur Bindefristverlängerung zu verweigern, hinreichend geschützt. Auch sei bei der Vereinbarung neuer Ausführungsfristen nach Erteilung des verspäteten Zuschlags auf die Interessen des Unternehmers Rücksicht zu nehmen, so daß keine zwingende Veranlassung bestehe, sich während einer verlängerten Zuschlagsfrist durchgehend leistungsbereit zu halten.
Für die Praxis gibt die Entscheidung wichtige Hinweise im Umgang mit Zuschlagsverzögerungen. Bieter werden künftig genau zu prüfen haben, ob sie einer Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist zustimmen. Sie können nicht damit rechnen, für die mit der Zuschlagsverzögerung verbundenen Kosten entschädigt zu werden