Auch in Vergabeverfahren, die mit elektronischen Mitteln durchgeführt werden, kann eine Rüge in zulässiger Weise per Telefax erhoben werden. Das hat die Vergabekammer Thüringen in einer Entscheidung betreffend ein Nachprüfungsverfahren im Bereich der VgV entschieden.
Die Entscheidung betraf die Vergabe eines Lieferauftrags über Lieferung, Montage und Aufstellung von Möbeln im offenen Verfahren. Gemäß § 9 VgV wurde das Vergabeverfahren mit elektronischen Mitteln als E-Vergabe unter Nutzung einer elektronischen Vergabeplattform durchgeführt. Ein Unternehmen sah sich auf Grund eines Verstoßes gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung an der Abgabe eines Angebots gehindert und erhob daher eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber. Diese versandte er ausschließlich per Telefax. Der Auftraggeber bestätigte den Eingang des Schreibens, ohne allerdings die Rüge inhaltlich zu beantworten. Vielmehr wies er den Rügeführer darauf hin, dass die Kommunikation innerhalb des Vergabeverfahrens ausschließlich über die elektronische Vergabeplattform zu erfolgen habe und Anfragen über einen anderen Kommunikationsweg nicht beantwortet würden.
Der hiergegen gerichtete Nachprüfungsantrag des Unternehmens hatte Erfolg. Wie die Vergabekammer Thüringen erläuterte, folgt aus § 9 VgV nicht, dass Rügen ausschließlich über die elektronische Vergabeplattform erhoben werden müssen. Vielmehr bestehen für die Erhebung von Rügen keine Formvorschriften. Diese können daher auch bei Nutzung einer elektronischen Vergabeplattform in jeder Form und damit z. B. per Telefax, aber auch per E-Mail oder schriftlich, eingereicht werden. Da der Auftraggeber sich inhaltlich nicht mit der Rüge befasst hatte, sondern den Rügeführer lediglich auf die Nutzung der elektronischen Vergabeplattform verwies, konnte die Rügeantwort des Auftraggebers auch nicht die Frist gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GWB auslösen.
In der Sache trat die Vergabekammer dem Antragsteller ebenfalls bei. Der Auftraggeber hatte im Leistungsverzeichnis ein Richtfabrikat vorgeschlagen und das Angebot anderer Fabrikate, die zu diesem Fabrikat gleichwertig sind, zugelassen. Allerdings fehlten Vorgaben dazu, wann andere Fabrikate als gleichwertig zu dem Richtfabrikat anzusehen sind. Dies hielt die Vergabekammer für unzulässig, weshalb sie den Auftraggeber verpflichtete, das Vergabeverfahren aufzuheben.
VK Thüringen, Beschl. v. 21. November 2019, 250-4003-15123/2019-E-021-EF