Die 2. Vergabekammer des Bundes zeigt in einer aktuellen Entscheidung die Anforderungen an die elektronische Bereitstellung der Vergabeunterlagen auf. Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb mit EU-weiter Bekanntmachung die Vergabe einer Rahmenvereinbarung über die Lieferung von elektrisch höhenverstellbaren Bildschirmarbeitsplätzen aus. Unter der Überschrift „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ wurde in der Bekanntmachung auf die technischen Lieferbedingungen des Auftraggebers hingewiesen. Außerdem wurde eine Internetadresse genannt, unter der diese technischen Lieferbedingungen eingesehen werden konnten.
Der Auftraggeber schloß das Angebot eines Bieters aus, weil es hinsichtlich einer Spezifikation nicht den technischen Lieferbedingungen entsprach. Der hiergegen gerichtete Nachprüfungsantrag des Bieters hatte Erfolg. Zwar wich das Angebot des Bieters nach den Feststellungen der Vergabekammer tatsächlich von den technischen Lieferbedingungen ab. Allerdings hatte der Auftraggeber nach der Auffassung der Vergabekammer die technischen Lieferbedingungen nicht in ordnungsgemäßer Form bereitgestellt. § 41 Abs. 1 Satz 1 VgV bestimmt, daß der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbetätigung eine elektronische Adresse angibt, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können. Hierzu hatte der Auftraggeber in der Bekanntmachung auf eine Vergabeplattform verwiesen. Die technischen Lieferbedingungen wurden jedoch gesondert hiervon auf der Internetseite des Auftraggebers zur Verfügung gestellt und waren dort über die in der Bekanntmachung angegebene Adresse auch nur nach einiger Suche zu finden. Zudem mußten weitere Informationen zu den technischen Lieferbedingungen beim Auftraggeber gesondert auf einem Datenträger angefordert werden. Obendrein war die in der Bekanntmachung angegebene Adresse, unter der die technischen Lieferbedingungen abgerufen werden konnten, fehlerhaft unter der Rubrik „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ veröffentlicht worden, obwohl es sich dabei nicht um Eignungsanforderungen, sondern um einen Bestandteil der Leistungsbeschreibung handelte. Das entsprach nach der Meinung der Vergabekammer nicht den Anforderungen an eine vollständige und direkte Abrufbarkeit der Vergabeunterlagen i. S. v. § 41 Abs. 1 Satz 1 VgV. Ob der Bekanntmachungsmangel tatsächlich kausal für das Defizit des Angebots des Bieters war, war aus der Sicht der Vergabekammer nicht entscheidend, da jedenfalls die Kausalität nicht ausgeschlossen werden konnte.
Hinzu kamen weitere Mängel; der Auftraggeber hatte unter Verstoß gegen § 40 Abs. 3 Satz 1 VgV die Bekanntmachung vorzeitig national bekannt gemacht und zudem als zentrale Beschaffungsstelle entgegen § 53 Abs. 1 VgV i. V. m. § 81 VgV die Abgabe schriftlicher Angebote gefordert. Die Vergabekammer hielt die von ihr herausgearbeiteten Rechtsverstöße schließlich auch ohne dahingehende Rüge des Antragstellers für durchgreifend, da die Fehler nach ihrer Einschätzung für einen durchschnittlich kundigen Bieter nicht erkennbar i. S. v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB waren.
Gegen die Entscheidung wurde sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben.