Der Gerichtshof der Europäischen Union erörtert in einem Vorabentscheidungsverfahren die Voraussetzungen für den Ausschluss eines Bieters, der den Einsatz eines Unterauftragnehmers vorgesehen hat, der einen vergaberechtlichen Ausschlussgrund verwirklicht.
Die Entscheidung betrifft ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts der Region Latium. In einem Vergabeverfahren über die Beschaffung eines Systems für optische Kommunikation hatte ein Bieter ein Angebot abgegeben und für den Zuschlagsfall den Einsatz dreier Unterauftragnehmer vorgesehen. Der Auftraggeber schloss das Angebot aus, da einer der drei vorgesehenen Unterauftragnehmer die geltenden Rechtsvorschriften über die Beschäftigung von Behinderten nicht einhielt. Der Ausschluss entsprach einer zwingenden Vorgabe im italienischen Recht.
In seiner Entscheidung erörterte der EuGH zunächst, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Verstoß gegen arbeitsrechtliche Vorschriften um einen fakultativen Ausschlussgrund handelt (Art. 57 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/24). Hinsichtlich dieser Ausschlussgründe stehe den Mitgliedsstaaten ein Spielraum bei der Umsetzung der Vorgaben des Richtlinienrechts zu. Daher hält es der EuGH für zulässig, wenn das nationale Recht vorsieht, dass die Verwirklichung eines fakultativen Ausschlussgrundes bei einem Unterauftragnehmer den Auftraggeber berechtigt oder sogar verpflichtet, den betroffenen Bieter auszuschließen.
Allerdings mahnt der EuGH zur Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit. Wolle der Auftraggeber einen Bieter wegen eines Ausschlussgrundes bei einem seiner Unterauftragnehmer ausschließen, müsse er daher sämtliche Unterauftragnehmer aller Bieter auf das Vorliegen von Ausschlussgründen prüfen. Zudem müsse dem betroffenen Bieter die Möglichkeit eingeräumt werden, nachzuweisen, dass er trotz des Verstoßes zuverlässig ist, etwa weil er Maßnahmen zur Selbstreinigung ergriffen hat. Ein automatischer Ausschluss des Bieters sei daher unverhältnismäßig.
Die Rechtslage in Deutschland entspricht den aus dieser Entscheidung abzuleitenden Vorgaben. Gemäß § 36 Abs. 5 VgV prüft der öffentliche Auftraggeber vor dem Zuschlag, ob Ausschlussgründe für die vorgesehenen Unterauftragnehmer vorliegen. Bei Vorliegen zwingender Ausschlussgründe verlangt der öffentliche Auftraggeber die Ersetzung des betroffenen Unterauftragnehmers; bei Vorliegen lediglich fakultativer Ausschlussgründe kann er verlangen, dass dieser ersetzt wird.