Die 1. Vergabekammer des Bundes befasst sich mit der Frage, ob die Bewertung einer mündlichen Präsentation eines Bieters in einem Vergabeverfahren zulässig ist. Die Entscheidung betrifft die Vergabe von Projektsteuerungsleistungen und Leistungen der Koordination der Technischen Gebäudeausrüstung im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben. Der Auftrag sollte im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vergeben werden. In den Vergabeunterlagen hatte der Auftraggeber festgelegt, dass im Rahmen der Verhandlungsgespräche Präsentationen der Bieter zu halten seien. Die Präsentation fand Eingang in die Wertung der Wirtschaftlichkeit der Angebote und damit in die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers.
Der gegen die Zuschlagsentscheidung gerichtete Nachprüfungsantrag eines Bieters hatte Erfolg. Die Vergabekammer hatte sich bei ihrer Entscheidung insbesondere mit der Frage zu befassen, ob die Bewertung einer Präsentation als Grundlage der Zuschlagsentscheidung zulässig ist. Seit einem die Frage verneinenden Beschluss der Vergabekammer Südbayern (Beschl. v. 13. März 2019, Z3-3-3194-1-43-11/18) ist dies zweifelhaft. Anders als noch die Vergabekammer Südbayern hatte die 1. Vergabekammer des Bundes aber keine Bedenken gegen die Berücksichtigung der Präsentation. Insbesondere verstoße dies nicht gegen den in § 9 Abs. 2 VgV niedergelegten Grundsatz, wonach die Kommunikation im Vergabeverfahren nur dann mündlich erfolgen kann, wenn sie nicht die Vergabeunterlagen, die Teilnahmeanträge, die Interessensbestätigungen oder die Angebote betrifft. Denn nach dem Verständnis der Vergabekammer erlaube § 9 Abs. 2 VgV gerade eine mündliche Kommunikation über die Angebote, solange das Angebot selbst in einer der vergaberechtlich dafür vorgesehenen Formen abgegeben wurde. Erforderlich sei aber eine ordnungsgemäße Dokumenation der Präsentation und ihrer Wertung.
Im konkreten Fall erkannte die Vergabekammer dennoch Fehler im Zusammenhang mit der Bewertung der Präsentation. Der Auftraggeber hatte den Bietern vor den Verhandlungsgesprächen mitgeteilt, dass eine Tischvorlage mitgebracht werden dürfe; bewertet werde jedoch allein der Vortrag. Tatsächlich ergab sich aber aus der vom Auftraggeber erstellten Dokumentation, dass die Bewertung der Präsentation in wesentlichen Teilen auf der Grundlage der Tischvorlage erfolgt war. Das war mit den vom Auftraggeber selbst aufgestellten Vorgaben nicht zu vereinbaren. Zudem enthielt die Bewertung der Präsentation ausweislich der Dokumentation in mehreren Punkten Lücken und Widersprüche in der Bewertung der einzelnen Angebote.
Die Frage, ob Präsentationen in zulässiger Weise für die Wertung eines Angebots herangezogen werden können, wird damit weiterhin unterschiedlich beantwortet. Wenn sich Auftraggeber für ein solches Vorgehen entscheiden, haben sie jedenfalls auf eine sorgfältige Dokumentation zu achten.