Nicht immer führt eine fehlerhafte dienstliche Beurteilung zu einer fehlerhaften Auswahlentscheidung bei der Vergabe eines Beförderungsamtes. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zeigt dies in einer aktuellen Entscheidung und legt dabei strenge Maßstäbe an die Frage an, wann sich ein Fehler in der Beurteilung auf die Beförderungsentscheidung auswirken kann.
Die Antragstellerin, eine Archivoberrätin im Bundesarchiv (Besoldungsgruppe A 14), wandte sich im Eilverfahren gegen die vorgesehene Besetzung der nach A 15 besoldeten Stelle eines Archivdirektors (Referatsleiters) für ein Referat der Stiftung Parteien und Massenorganisationen der DDR (SAPMO) im Bundesarchiv. Nachdem ihr Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Berlin zunächst Erfolg hatte, änderte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die erstinstanzliche Entscheidung und wies den Eilantrag zurück. Die Auswahlentscheidung war zwar in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft; dies wirkte sich aber nach der Auffassung des Gerichts nicht auf das Ergebnis der Auswahl aus.
Zunächst fehlte es bereits an einer hinreichenden inhaltlichen Auswertung der dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin und des konkurrierenden Bewerbers. Beide waren mit demselben Gesamturteil beurteilt worden. In einer solchen Situation ist der Dienstherr nach gefestigter Rechtsprechung gehalten, die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auszuwerten, die für das Beförderungsamt wesentlichen Einzelaussagen weiter zu vergleichen und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Kriterien zur Kenntnis zu nehmen. Das war hier nach der Würdigung des Oberverwaltungsgerichts nur unzureichend geschehen. Eine Nachholung im gerichtlichen Verfahren schloß das Gericht – zutreffend – aus. Das Gericht hielt es jedoch für ausgeschlossen, daß der Dienstherr bei einem erneuten Leistungsvergleich auf dieser Grundlage zu einem Vorsprung der Antragstellerin gekommen wäre, da diese in zahlreichen Einzelmerkmalen entweder gleichauf mit dem Konkurrenten lag oder sogar leicht schlechter beurteilt worden war.
Auch ein weiterer vom Gericht identifizierter Fehler blieb ohne Konsequenzen: Entgegen der klaren Vorgaben der (bundes-)verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung war das Gesamturteil der Beurteilung bei beiden Bewerbern nicht hinreichend begründet worden, und es lag auch kein Ausnahmefall vor, in dem eine Begründung wegen eines sich aufdrängenden Gesamtergebnisses hätte unterbleiben können. Dennoch hielt es das Gericht für ausgeschlossen, daß bei einer Neubeurteilung ein Leistungsvorsprung der Antragstellerin hätte erreicht werden können, da diese im Eilverfahren die Einzelwertungen ihrer Beurteilung nicht in Zweifel gezogen hatte. Spätestens in diesem Punkt fordert die obergerichtliche Entscheidung allerdings Widerspruch heraus. Die Begründung des Gesamturteils dient gerade dazu, nachvollziehbar zu machen, wie der Dienstherr die der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte gewürdigt, gewichtet und abgewogen hat (BVerwG, Urt. v. 1. März 2018, BVerwG 2 A 10.17). Fehlt es an einer Begründung, liegt es nahe, daß ein solcher Gewichtungsvorgang gerade nicht stattgefunden hat. Daß eine Neubeurteilung bei beiden Bewerbern zu demselben Gesamtergebnis gekommen wäre, ist jedoch nicht belegt. Vielmehr weist das Gericht in der Entscheidung selbst darauf hin, daß sich jedenfalls im Fall des ausgewählten Bewerbers ein Gesamturteil keineswegs aufdrängte. Was das Ergebnis einer Neubeurteilung wäre, war also offen, zumal es erst die Begründung des Gesamturteils der Antragstellerin ermöglicht hätte, gerade gegen diese Begründung Einwendungen vorzubringen. Daß sich daraus am Ende kein für die Antragstellerin besserer Leistungsvergleich ergeben hätte, dürfte zweifelhaft sein.
Da das Oberverwaltungsgericht in den weiteren maßgeblichen Gesichtspunkten – der Dienstherr hatte ein strukturiertes Auswahlgespräch geführt, was unter der Prämisse eines identischen Leistungsniveaus der Bewerber zulässig war – keine Fehler erkannte, blieb der Eilantrag im Ergebnis erfolglos.OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29. Mai 2018, OVG 10 S 66.16