Die Käuferin mehrerer Grundstücke auf dem Areal um die Komische Oper in Berlin-Mitte streitet mit dem Land Berlin über die Wirksamkeit und verschiedene weitere Aspekte im Zusammenhang mit dem Kauf (mehr dazu hier). Parallel zu dem vor dem Landgericht Berlin geführten Zivilrechtsstreit beantragte die Käuferin bei der Senatsverwaltung für Finanzen die Einsicht in verschiedene Akten, die dort zu dem Grundstücksgeschäft geführt werden. Mit Blick auf das laufende Gerichtsverfahren versagte die Behörde die Einsicht. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos; auf die Klage der Käuferin verurteilte das Verwaltungsgericht Berlin das Land jedoch, auf der Grundlage des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes (IFG Bln) Einsicht zu gewähren.
Die Berufung der Senatsverwaltung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte teilweise Erfolg. Im Streit stand v. a. der Ausnahmetatbestand in § 9 Abs. 1 Satz 2 IFG Bln, nach dem das Recht auf Akteneinsicht u. a. nicht besteht, soweit durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts nachteilige Auswirkungen für das Land Berlin bei der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens zu befürchten sind. Ausgehend von der Entstehungsgeschichte der Norm gelangte das Oberverwaltungsgericht zu der Auffassung, daß der Ausnahmetatbestand nicht lediglich den Schutz der ordnungsgemäßen Funktion der Rechtspflege betreffe, sondern darüber hinaus gerade die fiskalischen Interessen des Landes Berlin und die Waffengleichheit zwischen den Parteien eines Gerichtsprozesses schützen wolle. Nachteilige Auswirkungen in diesem Sinne seien daher immer schon dann zu befürchten, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, daß die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen hinreichend wahrscheinlich und nicht bloß eine eher fernliegende, theoretische Möglichkeit sei. Dabei sei für den erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit auch zu berücksichtigen, welches Gewicht die in dem laufenden Gerichtsverfahren auf dem Spiel stehenden Interessen des Landes Berlin hätten. Ob das Recht auf Akteneinsicht hiernach eingeschränkt ist, ergibt sich nach der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht aus einer Beurteilung der betroffenen Behörde, sondern unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung.
Ausgehend hiervon gelangte das Gericht zu dem Ergebnis, daß nur für einzelne Aktenbestandteile ein hinreichender Bezug zu dem laufenden Zivilrechtsstreit besteht. Bejahen konnte dies das Gericht u. a. für Rechtsgutachten und gutachterliche Stellungnahmen der mandatierten Rechtsanwälte. Hingegen genügte es für eine Versagung der Akteneinsicht nicht, daß die Senatsverwaltung zu einigen Akten lediglich pauschal angab, diese seien „Gegenstand des Zivilprozesses“; insoweit fehlten bereits Anhaltspunkte, daß die Offenlegung nachteilige Auswirkungen für das Land Berlin befürchten lasse.
OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. Dezember 2017, OVG 12 B 12.16