Seit April 2017 läuft das Vergabeverfahren, mit dem das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Vertragspartner für den Anbau und die Lieferung von Cannabis für medizinische Zwecke sucht. Wie jetzt bekannt wurde, hat die 1. Vergabekammer des Bundes im August 2017 zwei Nachprüfungsanträge zurückgewiesen, die gegen das Vergabeverfahren gerichtet waren. „VK Bund weist Nachprüfungsanträge zum Cannabis-Vergabeverfahren des BfArM zurück“ weiterlesen
EuGH: Neue Vergaberichtlinien haben nur eine begrenzte Vorwirkung
Auf Vergabeverfahren, die vor dem 18. April 2016 begonnen werden, finden die neuen Vergaberichtlinien grundsätzlich keine Anwendung. Dies hat der EuGH in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 7. April 2016, Rs. C-324/14, Partner Apelski Dariusz) klargestellt und damit eine im Zusammenhang mit der Vergaberechtsreform 2016 vielfach diskutierte Frage beantwortet. Bislang ging die Spruchpraxis der Vergabenachprüfungsinstanzen überwiegend davon aus, daß den neuen Vergaberichtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU seit ihrer Annahme am 26. Februar 2014 eine gewisse Vorwirkung für den Zeitraum bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 18. April 2016 zukommt. „EuGH: Neue Vergaberichtlinien haben nur eine begrenzte Vorwirkung“ weiterlesen
Eignungsleihe: Der Bieter bestimmt die Art der Beziehung und des Nachweises
In der Rechtssache C‑234/14 (Ostas celtnieks SIA) ist der EuGH nun den Schlußanträgen des Generalanwalts gefolgt und hat die Festlegung eines öffentlichen Auftraggebers beanstandet, die es einem Bieter, der sich auf die Kapazitäten eines dritten Unternehmens beruft, auferlegt, mit dem Drittunternehmen einen Kooperationsvertrag abzuschließen oder eine Personengesellschaft zu gründen.
Dem Vorabentscheidungsersuchen liegt ein lettisches Vergabeverfahren aus dem Bereich des Straßenbaus zugrunde. Der Auftraggeber sah in den Vergabeunterlagen vor, daß Bieter, die sich auf die Kapazitäten Dritter berufen wollen, im Zuschlagsfalle entweder einen sogenannten Partnerschaftsvertrag mit gesamtschuldnerischer Haftung schließen oder eine offene Handelsgesellschaft („Kollektivgesellschaft“ nach lettischem Recht) bilden müssen. Ebenso wie bereits zuvor Generalanwalt Melchior Wathelet hält auch der EuGH eine solche Vorgabe für nicht mit Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG vereinbar. Sie beschränke die Möglichkeit der Bieter, sich auf die Kapazitäten Dritter berufen, ohne daß dies in der Richtlinie angelegt sei. Die Richtlinie erlaube dem Bieter sowohl die Wahl der rechtlichen Beziehung, die er mit dem Drittunternehmen eingehen wolle, als auch die Art und Weise, wie er diese Beziehung nachweisen wolle.
Dieses Ergebnis entspricht der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, die seit langem die Freiheit des Bieters zur Eignungsleihe betont und die ihrerseits Grundlage für die später ins Richtlinienrecht übernommenen Regelungen ist (u. a. EuGH, Urt. v. 14. April 1994, Rs. C-389/92, Ballast Nedam Groep VN I; EuGH, Urt. v. 18. Dezember 1997, Rs. C-5/97, Ballast Nedam Groep NV II; EuGH, Urt. v. 2. Dezember 1999, Rs. C-176/98, Holst Italia SpA). Die Aussagen des jetzigen Urteils stehen damit auf sicherem Grund. Neuerungen werden sich jedoch durch die Richtlinie 2014/24/EU ergeben, denn diese sieht in Art. 63 Abs. 1 3. UAbs. vor, daß Auftraggeber von Bietern, die sich hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit auf die Kapazitäten Dritter berufen, verlangen können, daß Bieter und Dritte „gemeinsam für die Auftragsausführung“ haften. Insoweit wird also in Zukunft eine andere Sichtweise anzulegen sein, denn für diesen Teilbereich der Eignungsleihe werden Auftraggeber die gesamtschuldnerische Haftung von Bieter und Drittem vorgeben können. Der Inhalt der rechtlichen Beziehung zwischen Bieter und Drittem wird damit nicht mehr allein ins Belieben des Bieters gestellt.
EuGH, Urt. v. 14. Januar 2016, Rs. C-234/14, Ostas Celtnieks SIA
Eignungsleihe nur bei gesamtschuldnerischer Haftung?
Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG sehen vor, daß sich Bieter auf die Kapazitäten Dritter berufen dürfen, um ihre eigene Leistungsfähigkeit in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nachzuweisen. Damit wird die Möglichkeit der Eignungsleihe eröffnet, die im innerstaatlichen Recht z. B. in § 6 Abs. 8 VOB/A-EG umgesetzt wird und die insbesondere den in der VOB/A zuvor geltenden Grundsatz der Selbstausführung abgelöst hat. Sowohl das Richtlinienrecht als auch das innerstaatliche deutsche Recht sehen dabei vor, daß der Bieter, der von der Möglichkeit der Eignungsleihe Gebrauch machen will, dem Auftraggeber nachweisen muß, daß ihm die erforderlichen Drittkapazitäten zur Verfügung stehen. „Eignungsleihe nur bei gesamtschuldnerischer Haftung?“ weiterlesen