Die Eigentümer eines Grundstücks wandten sich gegen die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren durch eine Gemeinde. Sie machten u. a. geltend, daß ihr Grundstück durch die Straße, für deren Reinigung sie von der Kommune mit Gebühren belastet wurden, nicht erschlossen werde. Denn auf Grund einer geschlossenen heckenartigen Bepflanzung auf dem zur Straße hin gelegenen Teil ihres Grundstücks fehle es an einer Zugangsmöglichkeit zum Grundstück von der Straße aus. Die Bepflanzung entspreche den Festsetzungen, die der Bebauungsplan für das Grundstück getroffen habe, und dürfe deshalb nicht entfernt werden. „Bepflanzung steht Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren entgegen“ weiterlesen
VG Cottbus ändert seine Rechtsprechung zu Altanschließern
Nach dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Urteile vom 11. Februar 2016, OVG 9 B 43.15 und OVG 9 B 1.16) hat nunmehr auch das Verwaltungsgericht Cottbus mit einem Urteil vom 18. Februar 2016 (6 K 129/13) seine Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Behandlung sogenannter Altanschließer geändert. Ausgangspunkt hierfür ist abermals der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 (1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14), mit dem die Anwendung in § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung in denjenigen Fällen als verfassungswidrig eingestuft wurde, in denen auf der Grundlage der zuvor geltenden Regelung Beiträge nicht mehr hätten erhoben werden können. Das Verwaltungsgericht Cottbus, dessen Entscheidung anders als die aktuellen Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg bereits veröffentlicht wurde, legt nunmehr in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsauffassung § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg verfassungskonform dahingehend aus, daß es für Altanlieger bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 1 KAB Bbg verbleibt. Der Beginn der vierjährigen abgabenrechtlichen Festsetzungsfrist bemißt sich in diesen Fällen nach der alten Rechtslage, nach der die erstmalige Existenz einer Beitragssatzung mit einem formellen Geltungsanspruch maßgeblich war. Bescheide, die nach Ablauf dieser Frist ergangen sind, sind damit wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte sich dabei zudem mit der Frage zu befassen, ob die Ende der 90er Jahre in Brandenburg auf gesetzlicher Grundlage vorgenommene Heilung von Mängeln, die bei der Gründung von Zweckverbänden aufgetreten sind, den maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Festsetzungsfrist nach hinten verschiebt. Mit Verweis auf § 14 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung (ZweckVerbStabG) verneinte dies das Gericht. Für Altanschließer, die gegen entsprechende Beitragsbescheide Widerspruch und ggf. Anfechtungsklage erhoben haben, bleibt es damit bei den guten Aussichten auf ein Obsiegen. In anderen Fällen hingegen verbleiben erhebliche Unsicherheiten.
Altanschließer: Noch manche Fragen offen
Mit Urteilen vom 11. Februar 2016 (OVG 9 B 43.15 und OVG 9 B 1.16) hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zwei Beitragsbescheide der Stadt Cottbus aufgehoben, mit denen sogenannte Altanschließer zu Beiträgen für den Anschluß ihrer Grundstücke an die Abwasserkanalisation herangezogen worden waren. Die Entscheidung war zu erwarten, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit einem vielbeachteten Beschluß vom 12. November 2015 (1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14) die Anwendung in § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung in denjenigen Fällen als verfassungswidrig eingestuft hat, in denen auf der Grundlage der zuvor geltenden Regelung Beiträge nicht mehr hätten erhoben werden können. In der Rechtsänderung, die einen Neubeginn der abgabenrechtlichen Festsetzungsverjährung durch den Erlaß einer wirksamen Beitragssatzung auslösen sollte, sah das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot. Dies führte zur Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheide.
Betroffen hiervon sind diejenigen Grundstücke, für die vor dem 1. Februar 2000 eine Beitragspflicht für einen Anschluß an die Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsanlagen entstanden ist, denn in diesen Fällen endete die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG BB i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO) bereits vor dem Inkrafttreten der unzulässigen Neuregelung. Grundstückseigentümer, die gegen entsprechende Beitragsbescheide Widerspruch oder Klage erhoben haben, haben damit gute Aussichten darauf, daß der jeweilige Bescheid aufgehoben wird und die Zahlungspflicht entfällt. Weniger klar ist die Situation hingegen in denjenigen Fällen, in denen die Beitragsbescheide bereits bestandskräftig geworden sind. Hier kommt zwar ein Wiederaufgreifen des Verfahrens in entsprechender Anwendung der aus § 51 VwVfG folgenden Grundsätze in Betracht, doch dürfte fraglich sein, ob dem einzelnen Grundstückseigentümer ein Anspruch auf Aufhebung des Beitragsbescheids zukommt. Denn allein die gerichtliche Feststellung einer Verfassungswidrigkeit genügt nach vorherrschender Lesart nicht, um eine nachträgliche Änderung der Rechtslage i. S. v. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zu begründen. Gleichwohl haben bereits erste Zweckverbände angekündigt, alle zu Unrecht erhobenen Beiträge erstatten zu wollen, und zwar unabhängig davon, ob gegen die jeweiligen Bescheide Widerspruch eingelegt wurde. Ob tatsächlich Rückzahlungsansprüche bestehen, muß in jedem Einzelfall geprüft werden.
OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11. Februar 2016, 9 B 43.15, 9 B 1.16
BVerfG, Beschl. v. 12. November 2015, 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14