Ein Grundstücksentwickler und Bauträger beantragte im Jahr 2008 die Baugenehmigung für einen Lebensmittelmarkt. Während des laufenden Genehmigungsverfahrens änderte er die Planung. Die geänderten Pläne sahen eine Drehung des Baukörpers vor, was dazu führte, daß die Zone für die Warenanlieferung von der Nord- an die Westseite des Gebäudes verlegt wurde. Auch die Grundrisse des Marktes und die Aufteilung der Fläche auf die einzelnen Nutzungen (Verkaufsraum, Bäckerei, Fleischerei usw.) wurden geändert. Als Folge hieraus lehnte die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag ab und begründete dies damit, daß das geänderte Vorhaben nicht mehr dem ursprünglich beantragten entspreche. Die Verpflichtungsklage des Bauherrn vor dem Verwaltungsgericht Cottbus, die auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtet war, blieb erfolglos.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte ebenfalls keinen Erfolg.Das OVG Berlin-Brandenburg mußte sich dabei insbesondere mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen ein bereits beantragtes Bauvorhaben während des laufenden Baugenehmigungsverfahrens geändert werden kann, ohne daß ein neuer Bauantrag eingereicht werden muß. Auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung erläuterte das Gericht, daß geringfügige Änderungen, die das Bauvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berühren und in seinem Wesen nicht verändern, ohne weiteres während des laufenden Verfahrens und auch noch nach Erteilung der Baugenehmigung möglich sind. In diesen Fällen ist ein Nachtragsantrag zu stellen. Ist die Baugenehmigung bereits erteilt, führt dies zu einer Nachtragsbaugenehmigung (Tekturgenehmigung). Ändert sich dagegen das Vorhaben hinsichtlich baurechtlich relevanter Kriterien grundlegend, handelt es sich um ein neues Bauvorhaben, für das ein neuer Bauantrag und ggf. eine neue Baugenehmigung erforderlich sind. Eine bloße Tektur kommt in diesen Fällen nicht in Betracht. Dabei kommt es für die Abgrenzung zwischen Tekturantrag und neuem Bauantrag nicht darauf an, ob das geänderte Vorhaben baurechtlich im Ergebnis anders zu beurteilen ist als das ursprünglich beantragte. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das geänderte Vorhaben so wesentlich von dem ursprünglichen Vorhaben unterscheidet, daß es sich aus baurechtlicher Sicht um ein Aliud handelt.
Im hier entschiedenen Fall gelangte das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, daß die während des Genehmigungsverfahrens vorgenommenen Änderungen so grundlegend sind, daß sie einen neuen Bauantrag erfordern. Die Drehung des Baukörpers führte zu einer geänderten Erschließung des Lebensmittelmarktes, was v. a. Auswirkungen auf den Kunden- und den Anlieferungsverkehr hatte. Auf Grund der damit verbundenen Lärmeinwirkung auf die umliegenden Wohngebäude handelte es sich um Fragen, die für die baurechtliche Beurteilung des Vorhabens wesentlich waren. Insbesondere konnten die Immissionen, die auf die Nachbargebäude einwirken sollten, mit Blick auf das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme von Bedeutung sein. Das führte dazu, daß das geänderte Vorhaben in einem neuen Genehmigungsverfahren auf seine Zulässigkeit zu überprüfen war.
Mit Blick auf die schon bisher anerkannten Kriterien zur Abgrenzung der Änderung eines bereits beantragten oder genehmigten Bauvorhabens von einem Neuvorhaben ist die Entscheidung konsequent. Für den Bauherrn ist die Entscheidung sicherlich mißlich. Im Ergebnis dürften die Folgen allerdings überschaubar bleiben: Er ist nicht daran gehindert, das geänderte Vorhaben zum Gegenstand eines neuen Baugenehmigungsverfahrens zu machen. Ohnehin wird aus der Entscheidung nicht deutlich, weshalb der Bauherr nicht sofort bei seiner Entscheidung für eine Planungsänderung einen neuen Bauantrag eingereicht und das ursprünglich eingeleitete Genehmigungsverfahren gestoppt hat. Die mehrjährige Verzögerung durch ein über zwei Instanzen geführtes Gerichtsverfahren wäre ihm dann erspart geblieben.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 25. April 2017, OVG 10 N 64.13