Eine Entscheidung der 1. Vergabekammer des Bundes befasst sich mit den Anforderungen an eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens. Der Entscheidung lag ein Vergabeverfahren zur Vergabe von Leistungen der Projektsteuerung und der Koordination der Technischen Gebäudeausrüstung bei einem Projekt zur Grundinstandsetzung eines Gebäudes zugrunde. Nach Abgabe von Angeboten und sich daran anschließender Durchführung von Präsentationen verpflichtete die Vergabekammer den Auftraggeber auf den Nachprüfungsantrag eines Bieters hin zunächst, das Vergabeverfahren mindestens in den Stand vor Durchführung der Präsentationen zurückzuversetzen. Der Auftraggeber entschied sich, das Vergabeverfahren noch weitergehend in das Stadium vor Abgabe der Angebote zurückzuversetzen und allen Bietern Gelegenheit zur erneuten Einreichung ihrer Angebote zu geben. Ein Bieter wandte sich mit einer Rüge und einem Nachprüfungsantrag gegen diese Entscheidung und machte geltend, es sei nicht zulässig, das Vergabeverfahren bis in das Stadium vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Gefordert sei lediglich eine Wiederholung der Angebotspräsentation.
Vor der 1. Vergabekammer des Bundes blieb der Nachprüfungsantrag erfolglos. Nach der Auffassung der Vergabekammer ist die Rückversetzung des Vergabeverfahrens als Teilaufhebung des Vergabeverfahrens anzusehen. Diese sei unter den in § 63 Abs. 1 Satz 1 VgV normierten Voraussetzungen rechtmäßig. Ob diese hier vorlagen, könne allerdings dahingestellt bleiben. Für die Wirksamkeit der Rückversetzung des Vergabeverfahrens komme nur darauf an, dass der Auftraggeber hierfür einen sachlichen Grund habe, der die vergaberechtlichen Gebote der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung nicht überschreite. Einen solchen sachlichen Grund für die Rückversetzung des Vergabeverfahrens sah die Vergabekammer hier als gegeben an. Durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens auf Grund des ersten Nachprüfungsverfahrens waren den Bietern neue Informationen zu dem Bauvorhaben bekannt geworden. Zudem hatten sich Änderungen im Personalbestand der Bieter ergeben. Beides spreche dafür, dass es sinnvoll sei, den Bietern Gelegenheit zur Überarbeitung ihrer Angebote zu geben.
Überdies wies die Vergabekammer darauf hin, dass der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren ohnehin die Möglichkeit habe, auch nach Abgabe verbindlicher Angebote eine erneute Verhandlungsrunde durchzuführen. Bieter im Vergabeverfahren könnten daher unabhängig von der Rückversetzung schon nicht darauf vertrauen, dass auf der Grundlage bereits eingereichter Angebote der Zuschlag erteilt werde.
Offen blieb, ob die Rückversetzung des Vergabeverfahrens, gemessen an § 63 Abs. 1 Satz 1 VgV, rechtmäßig war. Von Bedeutung kann dies sein, falls die Teilnehmer am Vergabeverfahren wegen der Rückversetzung Schadensersatzansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen.