Das Oberlandesgericht Hamburg befasst sich in einer Entscheidung mit der Zulässigkeit eines Losentscheides im Vergabeverfahren. Die Entscheidung betrifft ein Vergabeverfahren zur Lieferung von Steinsalz und zu Streuleistungen im Winterdienst. Als Zuschlagskriterien hatte der öffentliche Auftraggeber sowohl den Preis als auch mehrere Qualitätsmerkmale vorgegeben. Gleichzeitig hatte sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen vorbehalten, bei einem Gleichstand nach dem Ergebnis der Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Angebote das Los entscheiden zu lassen. Nach Abgabe und Bewertung der Angebote gelangte der Auftraggeber zu dem Ergebnis, dass in einem Los zwei Angebote genau gleich zu bewerten seien. Er führte daher einen Losentscheid durch.
Der bei dem Losentscheid unterlegene Bieter wandte sich mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Vor der Vergabekammer hatte der Bieter zunächst Erfolg. Auf die sofortige Beschwerde änderte das Oberlandesgericht den Beschluss der Vergabekammer und wies den Nachprüfungsantrag zurück.
Hinsichtlich der Festlegung des Auftraggebers, bei Gleichstand im Vergabeverfahren einen Losentscheid durchzuführen, hielt das Oberlandesgericht den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig, da der Bieter seiner Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB nicht nachgekommen sei. Unabhängig davon erläuterte das Gericht aber, dass es keine durchgreifenden Gründe erkennen könne, die der Zulässigkeit eines Losentscheides bei einem Gleichstand der Angebote im Vergabeverfahren entgegenstünden. Insbesondere verstoße ein Losentscheid nicht gegen die vergaberechtlichen Grundsätze des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung und der Transparenz. Wenn die vollständige Auswertung aller Angebote anhand der in einer Ausschreibung in zulässiger Weise vorgesehenen Kriterien dazu führe, dass zwei Angebote gleichwertig seien, sei es nicht angebracht, vom Auftraggeber die Wiederholung des Vergabeverfahrens in der Hoffnung, es werde nun nicht mehr zu einem Gleichstand kommen, zu verlangen. Auch sei der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, die Zuschlagskriterien über das von ihm eigentlich für erforderlich gehaltene Maß hinaus um weitere Kriterien zu ergänzen, nur um zu vermeiden, dass es zu einem Gleichstand der Angebote komme. Vielmehr widerspräche es gerade den vergaberechtlichen Grundsätzen, wenn der öffentliche Auftraggeber außer den seinen Bedarf erschöpfend abbildenden Zuschlagskriterien, weitere, an sich nicht notwendige und daher willkürlich ausgewählte Kriterien allein zu dem Zweck hinzufügen müsste, um das Ergebnis einer Gleichwertigkeit mehrerer Angebote unwahrscheinlich zu machen.
Im konkreten Fall war für das Gericht auch nichts dafür erkennbar, dass der Auftraggeber die Zuschlagskriterien im Vergabeverfahren in unsachgemäßer Weise zu weit gefasst hätte und dadurch eine „Flucht in den Losentscheid“ angetreten wäre. Hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung des Losentscheides und seiner Dokumentation sah das Gericht schließlich ebenfalls keine Vergaberechtsverstöße.