Eine Entscheidung der Vergabekammer Lüneburg befasst sich mit der Frage, ob im Nachprüfungsverfahren die Beendigung eines rechtswidrig de facto vergebenen Auftrags verlangt werden kann.
Das Verfahren betraf den Abschluss eines Vertrages über Leistungen des Brandschutzes. Diesen hatte der Auftraggeber ohne vorheriges Vergabeverfahren de facto an ein Unternehmen vergeben und damit erkennbar vergaberechtswidrig gehandelt. Die Laufzeit des Vertrages betrug ein Jahr; sie verlängerte sich automatisch um jeweils ein weiteres Jahr, wenn nicht eine der Parteien den Vertrag zuvor kündigte. Über ein Jahr nach Vertragsschluss beantragte ein Unternehmen bei der Vergabekammer die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages, hilfsweise die Verpflichtung des Auftraggebers, den Auftrag in einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren zu vergeben.
Der Nachprüfungsantrag blieb ohne Erfolg. Zwar lag offenkundig ein Fall von § 135 Abs. 1 GWB vor, da der Auftraggeber den Vertrag in vergaberechtswidriger Weise de facto ohne vorherige Bekanntmachung vergeben hatte. Allerdings war die Frist zur Feststellung der Unwirksamkeit gemäß § 135 Abs. 2 GWB ebenso offenkundig bereits verstrichen. Eine darüber hinausgehende Möglichkeit, die Feststellung der Unwirksamkeit auszusprechen oder den Auftraggeber zur Beendigung des Vertrages zu verpflichten, sah die Vergabekammer nicht. Insbesondere besteht nach der Auffassung der Vergabekammer kein materiell-rechtlicher, im Nachprüfungsverfahren durchsetzbarer Anspruch des Antragstellers, vom Antragsgegner die Beendigung des Vertrages zu verlangen. Auch eine zivilrechtliche Unwirksamkeit, etwa nach § 138 BGB, oder eine Unwirksamkeit wegen eines möglichen Verstoßes gegen Beihilferecht sah die Vergabekammer nicht als Prüfungsgegenstand im Nachprüfungsverfahren an.
Dem Antragsteller war damit trotz einer klaren Vergaberechtsverletzung nicht geholfen. Er mag allerdings auf anderem Wege, etwa unter wettbewerbs- oder beihilferechtlichen Gesichtspunkten, sein Ziel weiterverfolgen.
Vergabekammer Lüneburg, Beschl. v. 12. Juni 2019, VgK-20/2019