Die Anforderungen an die Form einer Rüge im Vergabeverfahren sind gering. § 160 Abs. 3 GWB enthält hierzu keine Vorgaben. Demnach kann eine Rüge in allen denkbaren Formen angebracht werden. Die Vergabekammern und Oberlandesgerichte erachten beispielsweise Rügen per E-Mail, per Telefax, per Telefon oder sogar mündlich für zulässig.
Strengere Vorgaben macht das Vergaberecht hingegen für die Frist, innerhalb derer die Rüge zu erheben ist. § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB bestimmt hierzu, daß eine Rüge innerhalb von zehn Kalendertagen anzubringen ist, nachdem der Antragsteller den Vergaberechtsverstoß erkannt hat. Ist der Verstoß bereits auf Grund der Bekanntmachung erkennbar, muß die Rüge außerdem innerhalb der in der Bekanntmachung genannten Bewerbungs- oder Angebotsfrist gerügt werden. Kann der Verstoß gegen Vergabevorschriften in den Vergabeunterlagen erkannt werden, muß die Rüge gleichfalls innerhalb der Bewerbungs- oder Angebotsfrist erhoben werden. Bei einer unzulässigen Vergabe ohne vorherige Bekanntmachung gelten diese Rügefristen allerdings nicht (§ 160 Abs. 3 Satz 2 GWB). Die frühere Regelung, nach der eine Rüge unverzüglich nach Erkennen des Vergaberechtsverstoßes erhoben werden mußte, wurde mit dem Inkrafttreten der Vergaberechtsreform 2016 abgeschafft.
Hinsichtlich des Inhalts der Rüge gilt, daß der Rügeführer zum Ausdruck bringen muß, daß er das Verhalten des Auftraggebers für vergaberechtswidrig hält. Die beanstandete Maßnahme des Auftraggebers im Vergabeverfahren ist konkret zu bezeichnen; eine Rüge ins Blaue hinein genügt üblicherweise nicht. Der Begriff der Rüge muß nicht zwingend verwendet werden, solange der Rüge entnommen werden kann, daß der Verfasser mit dem Handeln des Auftraggebers nicht einverstanden ist.
Eine Rüge kann beispielsweise wie folgt formuliert werden, wobei das hier vorgestellte Muster lediglich ein allgemein gehaltenes Beispiel darstellt, das eine vertiefte rechtliche Prüfung im Einzelfall nicht ersetzen kann:
Absender (Bieter/Bietergemeinschaft, Bewerber, interessiertes Unternehmen)
Empfänger (Auftraggeber)
Ausschreibung eines Vertrages zur Lieferung von …
Vergabeverfahren ABl. EU 2017/S …-…
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom … haben Sie uns mitgeteilt, daß Sie beabsichtigen, den Zuschlag auf das Angebot der … GmbH zu erteilen. Unser Angebot soll hingegen nicht zum Zuge kommen, da es verspätet eingegangen sei und deshalb aus der Wertung ausgeschlossen worden sei.
Den Ausschluß unseres Angebots und den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der … GmbH rügen wir hiermit als vergaberechtswidrig. Entgegen Ihren Angaben ist unser Angebot innerhalb der Angebotsfrist, die Sie in der Auftragsbekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der EU genannt haben, bei Ihnen eingegangen. Nach dem uns vorliegenden Auslieferungsnachweis wurde das Angebot … [weitere Begründung].
Wir fordern Sie daher auf, von dem beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der … GmbH Abstand zu nehmen, den Ausschluß unseres Angebots rückgängig zu machen und unter Berücksichtigung unseres Angebots eine neue Entscheidung über den Zuschlag zu treffen.
Bitte bestätigen Sie uns bis zum … , daß Sie unserer Rüge in der genannten Weise abhelfen werden. Bitte bestätigen Sie uns außerdem umgehend den Zugang dieses Rügeschreibens mit der beigefügten Empfangsbestätigung.
Mit freundlichen Grüßen
Absender
vielen Dank Herr Dr. Conrad. Eine sehr hilfreiche Vorlage.
mit herzlichen Grüßen
Ihr Jürgen Schwarz