Zu den Besonderheiten des öffentlichen Baurechts in Berlin gehört die weitgehende Fortgeltung des sogenannten übergeleiteten Planungsrechts im ehemaligen Westteil der Stadt. Es besteht aus dem Baunutzungsplan von 1958/60 und den planungsrechtlichen Bestimmungen der Berliner Bauordnung von 1958 (BO 1958) sowie daneben den förmlich festgestellten (f. f.) Straßen- und Baufluchtlinien nach dem preußischen Fluchtliniengesetz von 1875. Auf Grund baurechtlicher Übergangsregelungen gelten diese Bestimmungen bis heute als bauplanungsrechtliche Festsetzungen fort und bilden dort, wo sie nicht durch neuere Festsetzungen abgelöst wurden, weiterhin den bauplanungsrechtlichen Rahmen für die Zulässigkeit von Bauvorhaben. Immer wieder führt diese planungsrechtliche Sondersituation zu verwaltungsrechtlichen Einordnungsfragen, die insbesondere in Zusammenhang mit den Baugebietstypen der BO 1958 stehen.
So hatte sich das Verwaltungsgericht Berlin in einer aktuellen Entscheidung mit der Zulässigkeit eines Umspannwerks in einem allgemeinen Wohngebiet nach den Regelungen der BO 58 zu befassen. Der Entscheidung lag eine Nachbarklage gegen die dem Bauherrn vom Bezirksamt Spandau von Berlin erteilte Baugenehmigung zugrunde. Nachdem das Gericht zunächst geklärt hatte, daß es sich bei dem Umspannwerk nicht um eine Nebenanlage handelte, deren Zulässigkeit möglicherweise nach § 14 Abs. 2 BauNVO zu beurteilen wäre, mußte es sich mit der Frage befassen, ob das Umspannwerk als nicht störender gewerblicher Kleinbetrieb die Zulässigkeitsvoraussetzungen aus § 7 Nr. 8 Satz 1 lit. b Var. 3 BO 58, die sich auf die Art der baulichen Nutzung beziehen, erfüllte. Dies bejahte das Gericht und schloß sich dabei der gefestigten Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg an, nach der der Prüfungsmaßstab des übergeleiteten Rechts möglichst weitgehend im Einklang mit den Baugebietsregelungen des aktuell geltenden Bauplanungsrechts auszulegen ist. Insbesondere der Begriff des Kleinbetriebs i. S. v. § 7 Nr. 8 Satz 1 lit. b Var. 3 BO 58 ist daher nicht vorrangig anhand der in Anspruch genommenen Fläche, sondern anhand des Störpotentials des Betriebs zu bemessen. Dieses hielt das Gericht für begrenzt, da weder Verkehrsbeeinträchtigungen noch Schallimmissionen oder sonstige Auswirkungen des Vorhabens auf die Nachbarschaft die Grenze des Zumutbaren überschritten. Hinsichtlich der beabsichtigten Nutzungsart hielt das Gericht das Vorhaben daher für zulässig, so daß sich die klagenden Nachbarn nicht auf eine Verletzung ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen konnten. Auch einen Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verneinte das Gericht sowohl hinsichtlich der Art als auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, so daß die Nachbarklage insgesamt erfolglos blieb.