Nicht zuletzt auf Grund der unklaren gesetzlichen Festlegungen in § 128 GWB wirft die Kostenverteilung im Vergabenachprüfungsverfahren immer wieder Zweifelsfragen auf. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Beschl. v. 8. März 2016, Verg 1/16) gibt Anlaß, sich mit der Kostenverteilung bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags näher zu befassen. Gegenstand der Entscheidung war ein Verfahren über die Vergabe von Leistungen des Projektmanagements nach § 43g EnWG für das Ersatzneubauprojekt einer Hochspannungsleitung, das mit einer Leistungserhöhung von 200 kv auf 380 kv verbunden war. Nachdem der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vor der Vergabekammer erfolgreich war und der Auftraggeber hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt hatte, nahm die Antragstellerin aus nicht bekannten Gründen den Nachprüfungsantrag in der Beschwerdeinstanz zurück. Für die Kostenverteilung gelten in einer solchen Situation folgende Grundsätze: Wer die Kosten für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer zu tragen hat, bestimmt sich nach § 128 Abs. 3 und 4 GWB. Dabei regelt § 128 Abs. 3 GWB die Pflicht zur Tragung der Gebühren und Auslagen der Vergabekammer, während § 128 Abs. 4 GWB die Erstattung der notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten betrifft. Für die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer gilt, daß über diese gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen zu entscheiden ist. Wie das Oberlandesgericht München in Übereinstimmung mit dem vorherrschenden Verständnis dieser Regelung ausführt, entspricht es in der Regel billigem Ermessen, daß der Antragsteller die Gebühren und Auslagen vollständig zu tragen hat, wenn er den Nachprüfungsantrag zurückgenommen hat. Zwar mag man erwägen, ob gemäß §128 Abs. 3 Satz 4 GWB bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags eine Ermessensentscheidung entbehrlich ist, da nach der dortigen Regelung der Antragsteller bei einer Rücknahme des Antrags vor Entscheidung der Vergabekammer die Hälfte der Gebühr zu entrichten „hat“. Doch ist diese Formulierung nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Auslegung (Beschl. v. 25. Januar 2012, X ZB 3/11) so zu verstehen, daß sie nicht die Frage betrifft, wer die Gebühren tragen muß, sondern lediglich eine Regelung über die Höhe der Gebühren trifft. Für eine hiernach vorzunehmende Ermäßigung ist freilich dann kein Raum, wenn der Nachprüfungsantrag wie hier erst in der Beschwerdeinstanz zurückgenommen wird.
Hinsichtlich der den übrigen Verfahrensbeteiligten entstandenen notwendigen Aufwendungen bestimmt § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB, dass diese bei einer Rücknahme des Nachprüfungsantrags zwingend vom Antragsteller zu tragen sind. Auf Billigkeitserwägungen kommt es dabei nicht an. Dadurch entsteht eine gewisse Inkongruenz zur Entscheidung über die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer, die gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nach billigem Ermessen zu treffen ist. Dies ist jedoch hinzunehmen (BGH, Beschl. v. 25. Januar 2012, X ZB 3/11). Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts München, daß in dem aktuellen Beschluß Erwägungen dazu anstellt, ob es „angemessen erscheint“, die Aufwendungen der Beigeladenen der Antragstellerin aufzugeben, zumindest mißverständlich. Denn § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB läßt für derartige Überlegungen keinen Raum.
Über die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht schließlich trifft § 128 GWB keine Regelung. Hierfür kann gemäß §§ 120 Abs. 2, 78 GWB auf die zivilprozessualen Grundsätze zurückgegriffen werden, nach denen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grds. der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, wenn er die Klage zurücknimmt. Dazu gehören auch die Aufwendungen der übrigen Beteiligten, wobei man sich hinsichtlich der Kosten eines Beigeladenen zudem an § 101 ZPO orientieren kann.
Im Ergebnis traf die Antragstellerin daher hier die volle Kostenlast für das Nachprüfungsverfahren und die Beschwerdeinstanz.