Dass es um die Arbeitsfähigkeit der Vergabekammer Berlin nicht zum besten steht, ist seit längerer Zeit bekannt. Bereits im Herbst 2013 sorgte ein Beschluss des Kammergerichts für Aufsehen (KG, Beschl. v. 24. Oktober 2013, Verg 11/13). Das Gericht stellte darin u. a. fest, daß die Vergabekammer den Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens mitgeteilt habe, daß sie ihre Amtstätigkeit im Zuständigkeitsbereich der 2. Beschlußabteilung mangels personeller Besetzung für absehbare Zeit eingestellt habe. Als Folge daraus konnten diverse Nachprüfungsverfahren (s. u. a. KG, Beschl. v. 1. September 2014, Verg 18/13; KG, Beschl. v. 18. Dezember 2014, Verg 21/13) nicht in der gesetzlich vorgesehen Entscheidungsfrist (§ 113 Abs. 2 Satz 1 GWB) beendet werden, so daß die Ablehnung des Antrags fingiert wurde und der Weg zur sofortigen Beschwerde eröffnet war (§ 116 Abs. 2 GWB). Nachdem das Thema nicht nur im Abgeordnetenhaus, sondern auch mehrfach in der Tagespresse zur Sprache kam, beschloß der Berliner Senat am 28. Oktober 2014 mit der 1. Änderungsverordnung zur Berliner Nachprüfungsverordnung, daß sowohl der Vorsitzende als auch der hauptamtliche Beisitzer der betroffenen 2. Beschlußabteilung nicht mehr wie bisher von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, sondern künftig von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz benannt werden. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorgabe, nach der eines dieser beiden Mitglieder ein Volljurist sein muß (§ 105 Abs. 2 Satz 3 GWB), erhoffte man sich damit offenbar, die personellen Lücken in der Vergabekammer besser schließen zu können. Ob dieser Plan zwischenzeitlich zum gewünschten Erfolg geführt hat, scheint allerdings weiterhin fraglich. Nach einem kürzlich veröffentlichten Beschluß des Kammergerichts vom 27. Januar 2015, Az. Verg 9/14, hat sich jedenfalls bis Ende des vergangenen Jahres nichts an der beklagenswerten Situation geändert. Denn dort findet sich wiederum die Feststellung, daß die Vergabekammer den Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens mitgeteilt habe, daß sie mangels ausreichender personeller Besetzung der zuständigen 2. Beschlußabteilung auf absehbare Zeit nicht werde in der Sache entscheiden können. Der wiederholt angebrachte Hinweis des Kammergerichts, daß dieser Zustand den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen und rechtsstaatlichen Verwaltung widerspreche, verhallt also offenbar weiterhin ungehört. Das Kammergericht leitet daraus zudem in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung ab, daß sich das Land Berlin als öffentlicher Auftraggeber im Rahmen etwaiger Eilanträge vor dem Beschwerdegericht (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB) nicht auf eine Dringlichkeit der Auftragsvergabe berufen könne, da es die im Nachprüfungsverfahren durch die Nichtbesetzung der Vergabekammer entstehende Verzögerung selbst zu vertreten habe. Dies entspricht dem zivilprozessualen Gedanken der Selbstwiderlegung: Wer selbst durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, daß die Sache nicht besonders eilbedürftig ist, kann sich im Eilverfahren nicht auf die Dringlichkeit seines Anliegens berufen. Für Vergabestellen des Landes Berlin, die auf die personelle Situation im Bereich der Vergabekammer üblicherweise keinen Einfluß haben, mag dies mißlich sein; in der Sache hingegen ist es sicherlich konsequent. Es darf mit Spannung erwartet werden, bis wann das Kammergericht seine Spruchtätigkeit als faktische Eingangsinstanz fortführen muß.