Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: potentielle Verstöße müssen nicht gerügt werden

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. erläutert die Reichweite der vergaberechtlichen Rügeobliegenheiten. Gegenstand der Entscheidung ist ein Vergabeverfahren zur Beschaffung eines Videokonferenzsystems für hessische Schulen. In den Vergabeunterlagen forderte der Auftraggeber u. a. die Benennung mindestens eines Referenzauftrags über Bereitstellung und Betrieb einer Videokonferenzsystem-Umgebung inklusive technischem Support. Ein Bieter reichte hierauf eine Bieterfrage ein und beschrieb darin, dass er Software-Lösungen für Remote-Support, Access, Online-Meetings und weitere Anwendungsfälle in einer integrierten Suite anbiete. Er wollte wissen, ob als Referenzauftrag ein Auftrag benannt werden könne, bei dem ein Kunde eine Produktsuite inkl. Online-Video-Konferenzen nutze. Dies bejahte der Auftraggeber und legte dabei den Namen des Bieters offen. „Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: potentielle Verstöße müssen nicht gerügt werden“ weiterlesen

Vertiefungsseminar zum Vergaberecht

Dr. Sebastian Conrad führt in Zusammenarbeit mit der  Baukammer Berlin ein Vertiefungsseminar zum Vergaberecht durch. Das Seminar behandelt spezielle Fragen bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge, insbesondere
Anforderungen an die ordnungsgemäße Angebotsprüfung und -wertung, die  Nachforderung von Erklärungen und Nachweisen und den Umgang mit Rügen und Nachprüfungsverfahren. Das Seminar findet am 23. November 2021 von 17 Uhr bis 19 Uhr bei der Baukammer Berlin,  Heerstraße 18/20, 14052 Berlin statt. Weitere Informationen und Anmeldungen hier.

Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: Bieter muss die Vergabeunterlagen innerhalb von zwei Wochen prüfen

Eine Entscheidung der 2. Vergabekammer Sachsen-Anhalt befasst sich mit der Frist zur Erhebung einer Rüge im Vergabeverfahren. Die Entscheidung betrifft die Vergabe eines Dienstleistungsvertrages über Unterhalts-, Grund- und Fensterreinigungen in öffentlichen Gebäuden und in Kindereinrichtungen nach den Bestimmungen der VgV. Die Vergabeunterlagen enthielten u. a. Vorgaben zu Tariflöhnen, die nicht mehr dem aktuellen Stand entsprachen. Ein Bieter rügte einen Tag vor Ablauf der Angebotsfrist, dass die Vorgaben zu den Tariflöhnen nicht mehr aktuell seien und dass es ihm daher nicht möglich sei, ein ordnungsgemäßes Angebot zu kalkulieren. Bereits mehrere Wochen zuvor hatte der Geschäftsführer des Bieters telefonisch beim Auftraggeber weitere Beanstandungen hinsichtlich der Vergabeunterlagen vorgebracht, die zu einer Überarbeitung der Unterlagen geführt hatten; auf die Tariflöhne  hatte er sich dabei aber nicht bezogen. „Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: Bieter muss die Vergabeunterlagen innerhalb von zwei Wochen prüfen“ weiterlesen

Rüge im Verhandlungsverfahren: Bloßer Änderungswunsch genügt nicht

Das Oberlandesgericht Düsseldorf erörtert in einer aktuellen Entscheidung die Anforderungen, die an die Erhebung einer Rüge im Verhandlungsverfahren zu stellen sind.

Die Entscheidung bezieht sich auf ein Vergabeverfahren zur Erbringung von Bauleistungen zur betriebsbereiten und funktionsfähigen Errichtung von Schachtförderanlagen. Das Verfahren wurde als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt. Ein Bieter störte sich an einer Regelung in den Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) des Auftraggebers, nach der der Auftraggeber berechtigt ist,  Zahlungen wegen Ansprüchen und Forderungen zurückzuhalten oder aufzurechnen, die ihm aus anderen Rechtsgeschäften mit dem Auftragnehmer oder aus sonstigen Gründen gegen den Auftragnehmer zustehen. Auf der Grundlage eines indikativen Angebots führten der Auftraggeber und der Bieter ein Verhandlungsgespräch durch, in dessen Rahmen auch diese Klausel der ZVB zur Sprache kam. Der Bieter empfand sie als zu weitreichend, weil er aus einem früheren Vertragsverhältnis Schadensersatzforderungen des Auftraggebers ausgesetzt war. Im Nachgang zu dem Verhandlungsgespräch übersandte der Bieter dem Auftraggeber eine dahingehende Änderungsbitte, die allerdings unbeantwortet blieb. Sein verbindliches Angebot versah der Bieter daraufhin mit der Anmerkung, dass die Klausel in den ZVB nur für Ansprüche gelten solle, die aus dem jetzt zu vergebenden Vertrag resultierten. „Rüge im Verhandlungsverfahren: Bloßer Änderungswunsch genügt nicht“ weiterlesen

Auch bei E-Vergabe: Rüge per Telefax ist zulässig

Auch in Vergabeverfahren, die mit elektronischen Mitteln durchgeführt werden, kann eine Rüge in zulässiger Weise per Telefax erhoben werden. Das hat die Vergabekammer Thüringen in einer Entscheidung betreffend ein Nachprüfungsverfahren im Bereich der VgV entschieden.

Die Entscheidung betraf die Vergabe eines Lieferauftrags über Lieferung, Montage und Aufstellung von Möbeln im offenen Verfahren. Gemäß § 9 VgV wurde das Vergabeverfahren mit elektronischen Mitteln als E-Vergabe unter Nutzung einer elektronischen Vergabeplattform durchgeführt. Ein Unternehmen sah sich auf Grund eines Verstoßes gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung an der Abgabe eines Angebots gehindert und erhob daher eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber. Diese versandte er ausschließlich per Telefax. Der Auftraggeber bestätigte den Eingang des Schreibens, ohne allerdings die Rüge inhaltlich zu beantworten. Vielmehr wies er den Rügeführer darauf hin, dass die Kommunikation innerhalb des Vergabeverfahrens ausschließlich über die elektronische Vergabeplattform zu erfolgen habe und Anfragen über einen anderen Kommunikationsweg nicht beantwortet würden. „Auch bei E-Vergabe: Rüge per Telefax ist zulässig“ weiterlesen

VK Lüneburg: erst die Rüge, dann das Nachprüfungsverfahren

Die Vergabekammer Lüneburg erläutert in einer aktuellen Entscheidung die zeitlichen Anforderungen an die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Entscheidung betraf die Vergabe von Leistungen der Abfuhr und Entsorgung von Bodenmaterial im Zuge eines Erschließungsvorhabens. Der Auftraggeber beabsichtigte, das Angebot eines Bieters auszuschließen, weil dieser geforderte Nachweise hinsichtlich der Verwertung des anfallenden Aushubs nicht vorgelegt habe.

Der betroffene Bieter rügte diesen Ausschluss beim Auftraggeber und leitete hiergegen ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ein. Die Rüge und den Nachprüfungsantrag übersandte er jeweils per Post als Einschreiben; beide Sendungen gab er gleichzeitig bei der Post auf. Eine Einreichung der Rüge über die elektronische Vergabeplattform war nach dem Vortrag des Bieters nicht möglich, da diese zu dem betreffenden Zeitpunkt nicht verfügbar gewesen sei. „VK Lüneburg: erst die Rüge, dann das Nachprüfungsverfahren“ weiterlesen

OLG Düsseldorf: Rüge muss Erkenntnisquellen nennen

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zeigt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge bei einem Vergaberechtsverstoß auf. Die Entscheidung betraf ein Vergabeverfahren zur Beschaffung einer Software zur Erstellung von CO2-Bilanzen. Ein Bieter beanstandete den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot eines Konkurrenten. In seiner Rüge machte er u. a. geltend, dass die von dem Konkurrenten angebotene Software nach seiner Kenntnis nicht alle Anforderungen erfülle, die der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung festgelegt habe. „OLG Düsseldorf: Rüge muss Erkenntnisquellen nennen“ weiterlesen

Noch einmal: Rüge und Nachprüfungsantrag sind keine Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Bieters

In einem weiteren Urteil hat der Bundesgerichtshof bekräftigt, dass der Schadensersatzanspruch eines zu Unrecht übergangenen Bieters nicht ausgeschlossen ist, wenn der Bieter es unterlassen hat, den Verstoß gegen das Vergaberecht zu rügen oder zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens zu machen. „Noch einmal: Rüge und Nachprüfungsantrag sind keine Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Bieters“ weiterlesen

BGH: Nachprüfungsantrag ist keine Voraussetzung für Schadensersatz

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs befasst sich mit den Voraussetzungen, unter denen ein Bieter, der bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrages rechtswidrig übergangen wurde, Schadensersatz verlangen kann. Die Entscheidung, die auch wegen der Aussagen des Bundesgerichtshofs zu dem Umgang mit den einem Angebot beigefügten Vertragsbedingungen des Bieters lesenswert ist, betraf die Vergabe von Tiefbau- und Straßenarbeiten nach dem Abschnitt 2 der VOB/A. Der Auftraggeber schloss das Angebot des erstplatzierten Bieters u. a. mit der Begründung aus, der Bieter habe seinem Angebot eigene Vertragsbedingungen beigefügt. „BGH: Nachprüfungsantrag ist keine Voraussetzung für Schadensersatz“ weiterlesen