Kammergericht: geschwärzte Informationen aus Schriftsätzen dürfen im Nachprüfungsverfahren nicht verwertet werden

Das Kammergericht hat sich in einer aktuellen Beschwerdeentscheidung mit der Verwertung geschwärzter Unterlagen im Nachprüfungsverfahren befasst. Die Entscheidung betraf ein Nachprüfungsverfahren, in dem die Antragstellerin und die Beigeladene Teile ihrer Schriftsätze geschwärzt hatten, damit diese den übrigen Verfahrensbeteiligten nicht vorgelegt würden. Die Vergabekammer entschied mit einem Beschluss im Zwischenverfahren, dass diese Unterlagen dem jeweils anderen Verfahrensbeteiligten offenbart werden sollten. Hiergegen wandte sich die Beigeladene mit einer sofortigen Beschwerde an das Kammergericht und machte Geheimhaltungsinteressen geltend. „Kammergericht: geschwärzte Informationen aus Schriftsätzen dürfen im Nachprüfungsverfahren nicht verwertet werden“ weiterlesen

Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: potentielle Verstöße müssen nicht gerügt werden

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. erläutert die Reichweite der vergaberechtlichen Rügeobliegenheiten. Gegenstand der Entscheidung ist ein Vergabeverfahren zur Beschaffung eines Videokonferenzsystems für hessische Schulen. In den Vergabeunterlagen forderte der Auftraggeber u. a. die Benennung mindestens eines Referenzauftrags über Bereitstellung und Betrieb einer Videokonferenzsystem-Umgebung inklusive technischem Support. Ein Bieter reichte hierauf eine Bieterfrage ein und beschrieb darin, dass er Software-Lösungen für Remote-Support, Access, Online-Meetings und weitere Anwendungsfälle in einer integrierten Suite anbiete. Er wollte wissen, ob als Referenzauftrag ein Auftrag benannt werden könne, bei dem ein Kunde eine Produktsuite inkl. Online-Video-Konferenzen nutze. Dies bejahte der Auftraggeber und legte dabei den Namen des Bieters offen. „Rügeobliegenheit im Vergabeverfahren: potentielle Verstöße müssen nicht gerügt werden“ weiterlesen

Vertiefungsseminar zum Vergaberecht

Dr. Sebastian Conrad führt in Zusammenarbeit mit der  Baukammer Berlin ein Vertiefungsseminar zum Vergaberecht durch. Das Seminar behandelt spezielle Fragen bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge, insbesondere
Anforderungen an die ordnungsgemäße Angebotsprüfung und -wertung, die  Nachforderung von Erklärungen und Nachweisen und den Umgang mit Rügen und Nachprüfungsverfahren. Das Seminar findet am 23. November 2021 von 17 Uhr bis 19 Uhr bei der Baukammer Berlin,  Heerstraße 18/20, 14052 Berlin statt. Weitere Informationen und Anmeldungen hier.

Zuschlagsverbot im Nachprüfungsverfahren bereits bei Kenntnis von dem Nachprüfungsantrag?

Ein Beschluss des Kammergerichts erörtert die Voraussetzungen für den Eintritt eines Zuschlagsverbots im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren. Der Entscheidung lag ein Vergabeverfahren zur Beschaffung von Dienstleistungen der telefonischen Sprachmittlung in einem Gesundheitsamt zugrunde.  Ein Bieter, dessen Angebot nicht den Zuschlag erhalten sollte, wandte sich mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer Berlin. Die Antragsschrift ging am 31. Mai 2019 bei der Vergabekammer Berlin ein. Die Vergabekammer übermittelte den Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber nicht und wies mit Beschluss vom 12. Juni 2019 den Nachprüfungsantrag zurück. Bereits zuvor, nämlich am 4. Juni 2019, erkundigte sich der Auftraggeber bei der Vergabekammer nach einem Nachprüfungsantrag und erfuhr von der Geschäftsstelle der Vergabekammer, dass der Nachprüfungsantrag nicht übermittelt werden solle. Noch am selben Tag erteilte der Auftraggeber den Zuschlag. „Zuschlagsverbot im Nachprüfungsverfahren bereits bei Kenntnis von dem Nachprüfungsantrag?“ weiterlesen

BGH: Verweisungsbeschluss durch Vergabesenat nur unter bestimmten Voraussetzungen

Der Bundesgerichtshof erläutert in einem aktuellen Beschluss im Rechtsbeschwerdeverfahren die Voraussetzungen, unter denen der Vergabesenat beim Oberlandesgericht in entsprechender Anwendung von § 17a GVG den Rechtsstreit an ein Gericht eines anderen Rechtswegs verweisen kann. Das Rechtsbeschwerdeverfahren betraf den Abschluss von Verträgen über Grippeimpfstoffen durch eine gesetzliche Krankenkasse mit Apothekerverbänden, die eine bestimmte Vergütung für Grippeimpfstoffe vorsahen. Ein Impfstoffhersteller richtete hiergegen einen Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer und beantragte festzustellen, dass die Verträge unwirksam seien. Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag statt. Auf die sofortige Beschwerde der Krankenkasse verwies der Vergabesenat des Oberlandesgerichts an das Sozialgericht, da der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht eröffnet sei. „BGH: Verweisungsbeschluss durch Vergabesenat nur unter bestimmten Voraussetzungen“ weiterlesen

VK Lüneburg: erst die Rüge, dann das Nachprüfungsverfahren

Die Vergabekammer Lüneburg erläutert in einer aktuellen Entscheidung die zeitlichen Anforderungen an die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Entscheidung betraf die Vergabe von Leistungen der Abfuhr und Entsorgung von Bodenmaterial im Zuge eines Erschließungsvorhabens. Der Auftraggeber beabsichtigte, das Angebot eines Bieters auszuschließen, weil dieser geforderte Nachweise hinsichtlich der Verwertung des anfallenden Aushubs nicht vorgelegt habe.

Der betroffene Bieter rügte diesen Ausschluss beim Auftraggeber und leitete hiergegen ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ein. Die Rüge und den Nachprüfungsantrag übersandte er jeweils per Post als Einschreiben; beide Sendungen gab er gleichzeitig bei der Post auf. Eine Einreichung der Rüge über die elektronische Vergabeplattform war nach dem Vortrag des Bieters nicht möglich, da diese zu dem betreffenden Zeitpunkt nicht verfügbar gewesen sei. „VK Lüneburg: erst die Rüge, dann das Nachprüfungsverfahren“ weiterlesen

Auch ein nur vorsorglich eingeleitetes Nachprüfungsverfahren löst Kosten aus

Das Brandenburgische Oberlandesgericht erläutert die Bemessung der Gebühren in Fällen, in denen ein Nachprüfungsantrag nur vorsorglich zur Fristwahrung erhoben und alsbald zurückgenommen wird. Die Entscheidung betrifft die Vergabe der Herstellung und Lieferung von insgesamt 45 Straßenbahnfahrzeugen mit einem Auftragswert von über 100 Millionen Euro. Ein ausländisches Unternehmen, das an dem Auftrag interessiert war, hielt sich durch eine Vorgabe betreffend die Wertung von Referenzen im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs für diskriminiert und brachte hiergegen noch während der Bewerbungsfrist zunächst eine Rüge bei den Auftraggeberinnen und sodann vorsorglich zur Fristwahrung einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg an. Nachdem die Auftraggeberinnen mitteilten, dass es auf Grund der Anzahl der eingegangenen Teilnahmeanträge nicht auf die Bewertung der Referenzen und das beanstandete Kriterium ankomme, nahm die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag zwölf Tage nach Einreichung bei der Vergabekammer zurück. Die Vergabekammer setzte daraufhin die Gebühren für das Nachprüfungsverfahren auf ca. ein Achtel der extrapolierten Basisgebühr gemäß der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes fest.

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KG: § 50 Abs. 2 GKG gilt auch bei Fortsetzungsfeststellungsanträgen

Gemäß § 50 Abs. 2 GKG beträgt der Streitwert bei Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer 5 % der Bruttoauftragssumme. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass das wirtschaftliche Interesse des Bieters an dem Erhalt eines Auftrags regelmäßig weniger dem Wert des Auftrags insgesamt als vielmehr dem Gewinn, den der Bieter aus einem Auftrag erwartet, entspricht. Diese Gewinnerwartung hat der Gesetzgeber mit 5 % der Bruttoauftragssummer pauschaliert. „KG: § 50 Abs. 2 GKG gilt auch bei Fortsetzungsfeststellungsanträgen“ weiterlesen